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Blogreihe "Wasserstoff aktuell": Grüner Wasserstoff – Wie erhält er seine Farbe und wird gesetzlich gefördert?

31. January 2022

Herzlich Willkommen zum zweiten Teil unserer Kapellmann Blogreihe „Wasserstoff aktuell“. Heute erläutern wir, wie grüner Wasserstoff erzeugt und durch den deutschen Gesetzgeber gefördert wird.

1. Farbenlehre 2.0: Unter welchen Voraussetzungen ist Wasserstoff „grün“?

Im ersten Teil unserer Blogreihe sind wir schon kurz auf die Farbenlehre beim Thema Wasserstoff eingegangen und hatten dargestellt, was es mit der Unterscheidung zwischen grauem, grünen, türkisem und blauem Wasserstoff auf sich hat (hier). Nachstehend erklären wir, wie Wasserstoff – energierechtlich gesprochen – seine grüne Farbe erhält:

Gesetzlicher Anknüpfungspunkt für grünen Wasserstoff ist § 12i der Erneuerbare-Energien-Verordnung (EEV) in der Fassung vom 30.06.2021. Nach dieser Vorschrift ist Wasserstoff nur dann grün, wenn auch der zu seiner Herstellung eingesetzte Strom grün ist, d.h. aus erneuerbaren Energien stammt. Die Grünstromeigenschaft entscheidet also vereinfacht gesagt darüber, ob im Wege der Wasserelektrolyse grüner Wasserstoff erzeugt wird. Damit ist zugleich festgelegt, dass konventionell erzeugter Strom, z.B. Kohlestrom, nicht zur Erzeugung von grünem Wasserstoff eingesetzt werden kann. Einem „Greenwashing“ schiebt der Gesetzgeber damit einen Riegel vor. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit künftig je nach Ausgang der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene auch Gas- und Atomstrom als „grün“ eingestuft werden. Die Verordnung beruht auf § 93 EEG 2021 und konkretisiert den Umlagebefreiungstatbestand des § 69b EEG 2021.

Nach der Definition in § 12i Abs. 1 EEV ist grüner Wasserstoff nur solcher, der innerhalb der ersten 5.000 Vollbenutzungsstunden eines Kalenderjahres in einer Einrichtung zur Herstellung von grünem Wasserstoff elektrochemisch hergestellt wird (sog. Elektrolyseur) und der hinsichtlich des eingesetzten Stroms folgende Anforderungen erfüllt:

  1. Der Strom stammt nachweislich aus einer Erneuerbarer-Energien-Anlage i.S.d. § 3 Nr. 21 EEG (Grünstromeigenschaft).
  2. Der Strom stammt nachweislich mindestens zu 80 % aus Anlagen mit Standort in der Preiszone für Deutschland und höchstens zu 20 % aus Anlagen, die ihren Standort in einer Preiszone haben, die mit der Preiszone von Deutschland elektrisch verbunden ist (80%-Schwelle zur Begrenzung von Importstrom).
  3. Der Strom wird nicht bereits gefördert, d.h. er erhält keine Zahlung nach dem EEG, der EEV oder dem KWKG und keine sonstige Förderung für die konkrete Kilowattstunde, die im Rahmen der Elektrolyse genutzt werden soll (keine Übersubventionierung).

Die Begrenzung der Vollbenutzungsstunden auf 5.000 soll insbesondere der Anreizsetzung dienen. Nach Möglichkeit sollen Elektrolyseure möglichst dann betrieben werden, wenn die Strompreise aufgrund einer hohen Stromeinspeisung aus Erneuerbaren Energien niedrig sind. Wasserstoff, der nach Überschreiten des gesetzlich festgelegten Wertes erzeugt wird, ist demnach nicht „grün“ im Verordnungssinne. Der für seine Herstellung eingesetzte Grünstrom ist folglich nicht von der EEG-Umlage befreit. Die Vollbenutzungsstunden eines Kalenderjahres ermitteln sich anhand des Quotienten aus dem gesamten kalenderjährlichen Stromverbrauch und dem maximalen Stromverbrauch des Elektrolyseurs im Auslegungszustand während einer Betriebsstunde unter normalen Einsatzbedingungen (§ 12i Abs. 3 EEV).

Die Grünstromeigenschaft sowie die Einhaltung der 80%-Schwelle ist über sog. gekoppelte Herkunftsnachweise zu führen, wenn es sich um Erneuerbare-Energien-Anlagen mit Standort in Deutschland handelt. Damit soll sichergestellt werden, dass der bilanziell gelieferte Strom und der Herkunftsnachweis von derselben Erneuerbaren-Energien-Anlage stammen. Die Einzelheiten regelt § 12i Abs. 2 EEV. Für Anlagen mit Standort im Ausland existieren solche Herkunftsnachweise bislang nicht. Ein Strombezug aus ausländischen Anlagen ist daher zurzeit nur im Umfang der Interkonnektivität möglich.

Schließlich kommt es bei der Beurteilung, ob der eingesetzte Strom bereits eine Förderung erhalten hat, nach dem Willen des Gesetzgebers ausnahmsweise nicht auf die Anlage an, sondern auf die einzelne Kilowattstunde. Das soll eine Förderung von Teilmengen ermöglichen.

2. Energierechtlicher Rahmen: Wie wird (grüner) Wasserstoff gefördert?

Der deutsche Gesetzgeber will die Herstellung von Wasserstoff als Teil der Nationalen Wasserstoffstrategie mithilfe des § 69b EEG 2021 fördern. Im Prinzip gibt es für Hersteller nunmehr zwei gesetzliche Fördermöglichkeiten für Wasserstoff:

  • #1: § 69b EEG 2021 befreit diejenigen Strommengen, die zur Erzeugung grünen Wasserstoffs eingesetzt werden, kraft Gesetzes vollständig von der EEG-Umlage (Vollbefreiung). Eines gesonderten Antrags bedarf es also nicht. Sofern in dem Elektrolyseur auch konventioneller Strom zur Erzeugung von – dann „grauem“ – Wasserstoff eingesetzt wird, ist das für die Umlagebefreiung hinsichtlich des „grün“ produzierten Wasserstoff unschädlich. Es erfolgt dann ein Splitting hinsichtlich der geförderten („grünen“) und der nicht geförderten („grauen“) Mengen. Die Vorschrift ist befristet auf Elektrolyseure, die vor dem 01.01.2030 in Betrieb genommen werden. Da ihr Inkrafttreten von der ausstehenden beihilferechtlichen Genehmigung der EU-Kommission abhängt (wir hatten berichtet), profitieren Hersteller von der Vollbefreiung gegenwärtig noch nicht.
  • #2: Alternativ sieht § 64a EEG 2021 für stromkostenintensive Unternehmen, die Wasserstoff elektrochemisch herstellen, eine Begrenzung der EEG-Umlage vor (Teilbefreiung). Diese besondere Ausgleichsregelung gilt für jeden so erzeugten Wasserstoff, also ungeachtet seiner Farbe. Die Teilbefreiung ist formal an einen Antrag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) geknüpft (weiterführende Informationen hier). Materiell-rechtlich setzt die Vorschrift voraus, dass die elektrochemische Herstellung von Wasserstoff den größten Beitrag zur gesamten Wertschöpfung des Unternehmens leistet.

Die EU-Kommission hat die Regelungen des § 64a EEG 2021 auch bereits im Wesentlichen beihilferechtlich genehmigt. Nur die Antragsvariante für den nichtselbständigen Unternehmensteil sowie die Modifizierung des Unternehmensbegriffs (§ 64a Abs. 6 und 8 EEG 2021) sind noch nicht genehmigt worden. Stromkostenintensive Unternehmen können also, je nach Einzelfall, schon jetzt von der Teilbefreiung profitieren.

Zu beachten ist auch, dass sich Unternehmen, die nach beiden Vorschriften begünstigt werden können, entscheiden müssen, welche Privilegierung sie in Anspruch nehmen möchten. Das Gesetz sieht insoweit ein Wahlrecht vor, das einmal im Kalenderjahr ausgeübt werden kann.

3. Strom ist teuer: Welche Vergünstigungen gibt es für Elektrolyseure?

Strom ist teuer und wird in absehbarer Zeit nicht sehr viel günstiger werden. Für die Elektrolyse benötigt man aber erhebliche Strommengen. Um Investitionen zu erleichtern hat der Gesetzgeber daher einige Vergünstigungen für Elektrolyseure geschaffen:

  • Die Netzentgelte, die üblicherweise einen nicht unerheblichen Anteil am Gesamtstrompreis ausmachen, entfallen für einen Zeitraum von 20 Jahren (§ 118 Abs. 6 S. 7 EnWG).
  • Außerdem ist die Elektrolyse (Aber auch nur der Prozess als solcher) von der Stromsteuer befreit. Strom, der zum Antrieb von Motoren oder Maschinen verwendet wird, ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht umfasst. Auf diesen Strom ist also grundsätzlich die volle Stromsteuer zu zahlen.

Wird das öffentliche Netz nicht genutzt (Versorgung über Direktleitung aus eigener oder fremder Erzeugungsanlage), fallen weitere Umlagen weg: Dann entfallen auch KWK-Umlage, Konzessionsabgaben, Offshore-Haftungsumlage, Umlage nach StromNEV sowie die Umlage für abschaltbare Lasten.

Bei Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Ansprechpartner des Kompetenzteams Green Contracts und des Kompetenzteams Erneuerbare Energien gerne zur Verfügung.

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