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Architektenverträge nachhaltig gestalten

06. December 2023

Immer mehr Bauherren legen – trotz aktuell schwieriger Umstände in der Baubranche – Wert auf Nachhaltigkeit bei ihren Bauvorhaben, egal ob im Neubau oder im Bestand. Bereits einige Architekten und Planungsbüros haben sich hierauf eingestellt und sich auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Baubranche spezialisiert. Häufig fällt auch ESG-konformes Bauen als allgemeines Stichwort, wenn es um Nachhaltigkeit und Klimaschutz geht.

Die Architekten und Planungsbüros wissen, welche Anforderungen Bauherrn in technischer Hinsicht stellen oder können Bauherren, die dem Thema noch offen gegenüberstehen, hierzu versiert beraten: egal ob es um Recycling, Materialitätseinsatz, Ökobilanzen oder Zertifikate geht. Problematisch ist häufig allerdings, wenn Ziele oder Beschaffenheitsvereinbarungen im Architektenvertrag auch rechtssicher vereinbart werden. Die meisten Architektenverträge enthalten Stand heute keine Regelungen zu diesem Thema. Auch die Grundleistungen und Besonderen Leistungen der HOAI sind kaum eine Hilfestellung und decken, wenn überhaupt, nur allgemeine Hinweis- und Beratungspflichten der Architekten ab. In den Verträgen selbst findet sich häufig maximal in der Präambel eine Regelung wie:

Die Parteien sind sich ihrer Verantwortung für den Schutz der natürlichen Lebensgrundalgen und des Klimas im Interesse der künftigen Generationen bewusst; sie sind sich darüber einig, dass sie die Durchführung dieses Vertrages und die Planung an möglichst nachhaltigen Kriterien ausrichten wollen. Es ist daher insbesondere der Wunsch der Parteien, bei der Planung, der Umsetzung des Bauvorhabens sowie im Hinblick auf die spätere Bewirtschaftung und Nutzung des Objekts mit Ressourcen und Energie schonend und sparsam umzugehen, Emissionen zu minimieren bzw. zu vermeiden und konstruktiv zusammenzuarbeiten…

Die Vertragsparteien müssen sich allerdings fragen, ob hiermit die vereinbarten Ziele im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz auch tatsächlich erreicht werden können. Das hieran Zweifel bestehen, liegt auf der Hand: denn diese Art von Klauseln ist bereits in sich wage und ungenau formuliert und gibt zumeist nicht konkret an, was der Bauherr sich unter Nachhaltigkeit und Klimaschutz vorstellt.

Rechtlich sind Bauherren dabei gut beraten, sich nicht auf solche Klauseln als ausschließliche Regelung einzulassen. Bauherren können sich nicht darauf verlassen, dass damit die Nachhaltigkeitsziele auch durchgesetzt werden können. Vor allem, da die Klausel nur auf ein Bemühen der Vertragsparteien Bezug nimmt. Werden die Ziele, die der Bauherr im Hinblick auf Nachhaltigkeit hat, nicht erreicht, kann er bei dieser Art von Klauseln kaum Konsequenzen gegenüber dem Planer ziehen: weder besteht ein Haftungsanspruch, noch sind Mängelansprüche möglich. Geht etwas schief, kann dies auch in finanzieller Hinsicht zu massiven Einbußen beim Bauherrn führen: es besteht die Gefahr, dass Fördermittel nicht bewilligt werden, die Anforderungen von Banken bei der Finanzierung des Bauvorhabens nicht erreicht werden oder die Anforderungen des Käufers oder Mieters nicht erreicht werden. Ist in solchen Fällen nur ein Bemühen des Planers bei den nachhaltigen Zielen des Bauherrn geschuldet, ist die Inanspruchnahme kaum möglich.

Daher sollte der Bauherr mit dem Planer über die Vereinbarung „Zusätzlicher Leistungen“ nachdenken, die die Grundleistungen und Besonderen Leistungen der HOAI im Hinblick auf Nachhaltigkeit erweitern. Diese sollten konkret auf die Ziele des Bauherrn ausgerichtet werden. Daneben können die Zusätzlichen Leistungen ergänzend an die einzelnen Leistungsphasen der HOAI geknüpft werden. Für Leistungsphase 1 kann als „Zusätzliche Leistung“ z.B.

Mitwirkung bei der Erstellung des Nachhaltigkeitskonzepts und der Erstellung der Projektziele unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bauherrn zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz bzw. ESG-Kriterien im Sinne der EU-Taxonomie

vereinbart werden. Alternativ ist es z.B. auch häufig erforderlich

Bedarfsplanung unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitskonzepts des Bauherrn

als „Zusätzliche Leistung“ zu vereinbaren. Bei der Ausgestaltung der „Zusätzlichen Leistungen“ sind Bauherr und Planer sehr frei; auch bei der Frage, wie diese „Zusätzlichen Leistungen“ zu vergüten sind. Allerdings sollten die Vertragsparteien möglichst genau festhalten, was sie unter der jeweiligen „Zusätzlichen Leistung“ verstehen und auch, welche Zwischenschritte erwartet werden oder welche Art von Dokumentation der Bauherr benötigt.

Im Vertrag selbst sind diese Leistungen als Beschaffenheitsvereinbarung vertraglich zu vereinbaren, so dass bei Nichterreichung der Ziele dem Bauherrn die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche offenstehen. Spannend bleibt, ob diese Art der Vertragsgestaltung langfristig erforderlich sein wird, oder ob die Novellierung der HOAI 202X auch auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz stärker eingehen wird.

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