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Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG): Neue Aufgaben für Unternehmen und Betreiber von Rechenzentren

18. April 2024

Ende des letzten Jahres ist das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) in Kraft getreten. Das neue Gesetz zählt zu mehreren aktuellen Gesetzesnovellen aus dem Bereich der Energiewende: So hat der Bundesgesetzgeber mit dem EEG 2023 die Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien deutlich angehoben. Damit soll der steigende Bruttostromverbrauch in der Bundesrepublik Deutschland künftig im Kern aus erneuerbaren Energiequellen (hauptsächlich Wind- und Solarenergie) gedeckt werden.

Damit die Energiewende gelingen kann, bedarf es daneben auch einer effizient(er)en Nutzung von Energie. Hier knüpft das EnEfG an. Es definiert Energieeffizienzziele (dazu 1) und wendet sich mit neuen Aufgaben insbesondere an Unternehmen (dazu 2) und Betreiber von Rechenzentren (dazu 3). Für Unternehmen ist außerdem das Verhältnis der sie potenziell treffenden Pflichten nach dem EnEfG und dem Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) zu beachten (dazu 4).
Schließlich können Verstöße gegen die Pflichten des EnEfG mitunter hohe Geldbußen nach sich ziehen (dazu 5). Die wesentlichen Eckpunkte des neuen Gesetzes stellen wir in diesem Beitrag vor:

1. Was ist das Ziel des EnEfG?

Das EnEfG hat zum Ziel, die Energieeffizienz zu steigern und will dadurch insbesondere zur Reduzierung des Primär- und Endenergieverbrauchs Deutschlands beitragen. So soll etwa der Primärenergieverbrauch im Vergleich zum Jahr 2008 bis zum Jahr 2030 um mindestens 39,3% sinken und der Endenergieverbrauch um mindestens 26,5% (Energieeffizienzziele).

In diesem Kontext nimmt das EnEfG zwei Parameter in den Blick, nämlich die Primärenergie (§ 3 Nr. 23) und die Endenergie (§ 3 Nr. 8)

  • Die Primärenergie bezeichnet die Energie, die mit den ursprünglich vorkommenden Energieformen oder Energiequellen zur Verfügung steht. Übersetzt meint das die Energie, die in einem Energieträger (z.B. der Windkraft) „drinsteckt“ und noch nicht umgewandelt wurde (z.B. in einer Windenergieanlage).
  • Unter Endenergie wird derjenige Teil der eingesetzten Primärenergie verstanden, der den Verbrauchern nach Abzug von Energiewandlungs- und Übertragungsverlusten zur Verfügung steht. Ausgenommen sind Umgebungswärme, Umgebungskälte und Solarthermie.

2. Welche Maßnahmen müssen Unternehmen umsetzen – und bis wann?

Welche Maßnahmen Unternehmen nach dem EnEfG treffen, hängt davon ab, wie hoch der jährliche durchschnittliche Gesamtendenergieverbrauch (im Folgenden „jdG“) innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahre war. Hier zieht das EnEfG drei Schwellen ein, wobei bei der Ermittlung der Schwellenwerte auf das einzelne Unternehmen abzustellen ist, d.h. die kleinste rechtlich selbstständige Einheit (z.B. eine Konzerngesellschaft), – und nicht auf den Unternehmensverbund:

Zur Ermittlung der Schwellenwerte hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zwei Merkblätter veröffentlicht, und zwar ein allgemeines Merkblatt für das EnEfG und ein spezifisches Merkblatt zur Ermittlung des Gesamtenergieverbrauchs. Darüber hinaus hat es ein FAQ-Dokument zu den §§ 8-10 erstellt. Diese Hinweise sind rechtlich unverbindlich und unterliegen der Aktualisierung durch das BAFA.

Mit Blick auf die oben genannten Pflichten sind aktuell zwei Fristen besonders relevant:

  • Die erste Frist ist diejenige für die Datenmeldung nach § 17 Abs. 2. Die Datenmeldung an die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) hätte nach der Übergangsvorschrift des § 20 Abs. 4 erstmals bis zum 01.01.2024 erfolgen müssen. Laut einer Mitteilung des BAFA hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) diese Frist jedoch für sechs Monate, d.h. bis Ende Juni 2024, ausgesetzt.
  • Die zweite Frist betrifft die Einrichtung eines Energie- oder Umweltmanagement­systems. Ein Unternehmen, das zum Stichtag 17.11.2023 den Schwellenwert von 7,5 GWh im Betrachtungszeitraum, d.h. in den Kalenderjahren 2020 bis 2022, überschritten hat, muss bis zum 18.07.2025 ein solches System einrichten. Ein Unternehmen, das diesen Schwellenwert zu einem späteren Zeitpunkt überschreitet, muss ein solches System innerhalb von zwanzig Monaten gerechnet ab diesem Zeitpunkt einrichten (siehe im Einzelnen § 8).

3. Was müssen Betreiber von Rechenzentren zur Energieeffizienz beitragen?

Das EnEfG richtet sich auch an die Betreiber von Rechenzentren (siehe §§ 11-15). Verpflichtet wird derjenige, der Eigentümer des Rechenzentrums oder der Flächen zur Co-Lokation ist oder vergleichbare Nutzungsrechte hat. Damit trägt das EnEfG dem Umstand Rechnung, dass aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und dem erhöhten Bedarf für die Datenverarbeitung auch der Stromverbrauch in Rechenzentren steigt. Gleichzeitig erzeugen Rechenzentrum große Mengen von Niedertemperaturabwärme.

Um hier Effizienzen zu heben, legt das EnEfG Betreibern von Rechenzentren insbesondere die folgenden Pflichten auf:

  • Pflicht zur energieeffizienten Errichtung und Betrieb des Rechenzentrums durch die schrittweise Erfüllung von Effizienzanforderungen (§ 11 Abs. 1 und 2)
  • Pflicht zur Vermeidung und Verwendung von Abwärme (§ 11 Abs. 4 i.V.m. § 16)
  • Pflicht zum klimaneutralen Betrieb des Rechenzentrums durch den bilanziellen Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien (§ 11 Abs. 5)
  • Pflicht zur Einrichtung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems und kontinuierliche Messungen zwecks Transparenz bzgl. Energiebedarf und Energieeffizienzpotenziale (§ 12 Absätze 1 und 2)
  • Informationspflicht bzgl. allgemeiner Angaben zum Rechenzentrum und bzgl. allgemeiner Daten zum Betrieb des Rechenzentrums im letzten vollen Kalenderjahr bis zum Ablauf des 31.03. eines jeden Jahres (§ 13 Abs. 1 und Anlage 3)
  • Pflicht bei der Bereitstellung von Dienstleistungen für Kunden, diesen ihren konkret zugeordneten Energieverbrauch darzustellen (§ 15)

Von diesem Pflichtenkreis gibt es Ausnahmen – so etwa nach § 11 Abs. 3 für die Pflichten nach § 11 Abs. 2. Betreiber von Rechenzentren müssen daher sorgfältig prüfen, welchen Pflichten sie im konkreten Fall tatsächlich unterworfen sind.

An die vorgenannten Pflichten knüpfen zahlreiche Fristen an. So müssen Betreiber von Rechenzentren etwa den Stromverbrauch in ihren Rechenzentren bilanziell bereits ab dem 01.01.2024 zu 50% durch Strom aus erneuerbaren Energien decken und ab dem 01.01.2027 dann zu 100% (siehe § 11 Abs. 5). Hierfür genügt es nach der Gesetzesbegründung, den Strombezug über den Erwerb entsprechender Zertifikate nachzuweisen.

Die Informationspflichten nach § 13 Abs. 1 sind im Rahmen der Übergangsvorschrift des § 20 Abs. 2 für Rechenzentren ab einer nicht redundanten Nennanschlussleistung von 500 Kilowatt grundsätzlich bis zum 15.05.2024 zu übermitteln. Das BMWK hat diese Frist für drei Monate ausgesetzt, sodass die Meldung nunmehr bis zum 15.08.2024 zu erfolgen hat. Für Rechenzentren ab einer nicht redundanten Nennanschlussleistung von 200 Kilowatt bis unter 500 Kilowatt bleibt die ursprüngliche Frist bis zum 01.07.2025 bestehen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass ein Energieeffizienzregister für Rechenzentren geschaffen wurde, in dem die nach § 13 EnEfG verpflichtenden Informationen gemäß Anlage 3 veröffentlicht und an eine europäische Datenbank übertragen werden.

Zu beachten ist auch, dass Rechenzentren, die vor dem 01.07.2026 den Betrieb aufnehmen oder aufgenommen haben, so zu errichten und zu betreiben sind, dass sie ab dem 01.07.2027 eine Energieverbrauchseffektivität von kleiner oder gleich 1,5 und ab dem 1. Juli 2030 eine Energieverbrauchseffektivität von kleiner oder gleich 1,3 im Jahresdurchschnitt dauerhaft erreichen. Dagegen sind Rechenzentren, die ab dem 01.07. 2026 den Betrieb aufnehmen, unter anderem so zu errichten und zu betreiben, dass sie eine Energieverbrauchseffektivität von kleiner oder gleich 1,2 erreichen. Einzelheiten dazu regelt § 11. Leider definiert das EnEfG nicht was unter „Betrieb aufnehmen“ zu verstehen ist. Müssen alle Anlagen laufen, die nach § 3 Nr. 24 EnEfG das Rechenzentrum bilden oder reicht ein Teil davon? Wenn ein Teil davon reicht: Welcher? Was muss mindestens in Betrieb sein? Reicht ein Probebetrieb? Nach der vom BAFA im Leitfaden zum Energieeffizenzregister veröffentlichten Definition wird der Betrieb aufgenommen, wenn das Rechenzentrum zum ersten Mal eine Datenspeicher-, Datenverarbeitungs- und Datentransportdienstleistung erbringt und, falls dieses Datum nicht bestimmbar ist, die Abnahmeprüfung abgeschlossen ist. Fragen wie die, ob ein Probebetrieb oder eine teilweise Inbetriebnahme hierzu ausreichen, sind durch diese Konkretisierung weiterhin nicht geklärt. Eine Klärung durch den Gesetzgeber wäre daher insoweit wünschenswert, um Auseinandersetzungen und Rechtsstreitigkeiten mit dem ohnehin bereits überlasteten BAFA zu vermeiden.

4. Verhältnis von EnEfG und Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G)

Was das Verhältnis des EnEfG und des Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) betrifft, so ergänzen sich die beiden Gesetze in ihrem Regelungsgehalt. Das EnEfG geht hier einen Schritt weiter und zielt – über den nach dem EDL-G verpflichtenden, punktuellen Energieaudit hinaus – auf eine kontinuierliche Überwachung und Optimierung des Energieverbrauchs ab.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie für sich prüfen müssen, welche Anforderungen des EnEfG und welche des EDL-G sie nunmehr treffen. Der Begriff „Unternehmen“ ist in beiden Gesetzen gleich zu verstehen (s. dazu unter 1 oben). Besondere Relevanz hat diese eigenverantwortliche Prüfung insbesondere für die Frage, ob ein Energie- oder Umweltmanagementsystem eingerichtet (§ 8 EnEfG) oder ein Energieaudit (§ 8 EDL-G) durchgeführt werden muss – oder insoweit keine Maßnahmen zu ergreifen sind.

Grundsätzlich gilt:

  • Unternehmen, die ein Energie- oder Umweltmanagementsystem implementiert haben, sind von der Durchführung des Energieaudits befreit (§ 8 Abs. 3 EDL-G).
  • Unternehmen, die keine KMU sind und unter der Schwelle von 7,5 GWh pro Jahr liegen, müssen mindestens alle vier Jahre ein Energieaudit durchführen (§ 8 Abs. 4 EDL-G).
  • Unternehmen, deren Gesamtenergieverbrauch zwischen 2,5 GWh und 7,5 GWh liegt, sind verpflichtet, ein Energieaudit nach § 8 EDL-G durchzuführen und Umsetzungspläne nach § 9 EnEfG zu erstellen und zu veröffentlichen.

5. Achtung Bußgeldrisiko: Wie werden die Pflichten des EnEfG abgesichert?

Verstöße gegen die Pflichten des EnEfG sind in weiten Teilen bußgeldbewehrt. Wird etwa ein Energie- oder Umweltmanagementsystem entgegen § 8 Abs. 1 oder § 12 Abs. 1 nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig eingerichtet, droht eine Geldbuße bis zu 100.000 EUR. Das gilt auch bei Verstößen gegen die Errichtungs- und Betriebsvorgaben für Rechenzentren nach § 11 Absätze 1 und 2 und bei Verstößen gegen die Pflicht zur Vermeidung und Reduzierung von Abwärme nach § 16 Abs. 1 Satz 1. In allen übrigen bußgeldbewehrten Fällen, die § 19 Abs. 1 nennt, kann eine Geldbuße bis zu 500.000 EUR verhängt werden.

6. Fazit

Das EnEfG legt Unternehmen und Betreibern von Rechenzentren umfangreiche Pflichten auf und stellt die Akteure vor inhaltliche und organisatorische Herausforderungen. So ist aktuell noch in großen Teilen unklar, wie die Pflichten des EnEfG einer praktischen Umsetzung zugeführt werden sollen. Die Merkblätter des BAFA sind ein erster Schritt, um die gesetzlichen Vorgaben – wenngleich nicht rechtsverbindlich, so doch in der Sache – zu konturieren.

Mit Blick auf das Bußgeldrisiko ist im Rahmen der Energierechts-Compliance sicherzustellen, dass jedes (Konzern)unternehmen, regelmäßig prüft, ob es die unter Ziffer 2 genannten Schwellenwerte überschreitet und, sollte dies der Fall sein, es die daran anknüpfenden Pflichten aus dem EnEfG ordnungsgemäß erfüllt. Das gilt entsprechend auch für die Betreiber von Rechenzentren. Sollten Rechenzentren bereits in Planung oder im Bau befindlich sein, sollten die vereinbarten PUE-Werte und der Bauzeitenplan mit Blick auf die Übergangsfristen geprüft werden.

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