Anwälte Kompetenzen Veranstaltungen Nachrichten Karriere Infoportal EN

Rechnungslegung später als 6 Monate nach Ausführung - Der gesamte Vertrag kann nichtig sein

17. Dezember 2020

Die vollständige Nichtigkeit eines Planungs-/Bauvertrages wegen Verstoßes gegen gesetzliche Regelungen scheint graue Theorie zu sein. Dass das Gegenteil der Fall ist, zeigt aber eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2020 – 22 U 73/20).

Es ist in der Abwicklung von Planungs-/Bauverträgen keineswegs unüblich, dass zwischen der Erbringung der letzten Leistung und der Vorlage der Schlussrechnung Monate vergehen. Teilzahlungen sind häufig bereits im Rahmen von Abschlagsrechnungen erfolgt und der Auftragnehmer ist durch andere Bauvorhaben an der finalen Zusammenstellung seiner Leistungen und prüffähigen Aufbereitung für die Schlussrechnung gehindert. Eine Verjährung dieser Forderung droht in den meisten Fällen ohnehin nicht, da die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung Fälligkeitsvoraussetzung ist.

Häufig wird dabei allerdings § 14 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz übersehen. Dieser sieht vor, dass ein Unternehmer (sowohl Ausführende als auch Planer sind erfasst) einer steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück verpflichtet ist, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen.

Die vermeintliche Formalie erhält enorme Bedeutung, wenn man § 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz berücksichtigt. Schwarzarbeit leistet danach bereits, wer als Steuerpflichtiger seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Bereits im Jahr 2013 hat der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass hierzu auch die Rechnungslegung nach § 14 Umsatzsteuergesetz zählt (Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13, in: NJW 2013, 3167).

Was das bedeutet, haben die Parteien in dem vom Oberlandesgericht Düsseldorf jüngst entschiedenen Verfahren schmerzhaft erfahren müssen.

In dem dort zu entscheidenden Rechtsstreit lagen zwischen der Erbringung der letzten Leistung und der entsprechenden Rechnungslegung zehn Monate. Den Parteien ist es – trotz Verweis auf angeblich bestehende Abreden – nicht gelungen, das Gericht davon zu überzeugen, dass dies legitime Gründe hatte. Im Gegenteil: Das Gericht geht davon aus, dass ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz vorliegt, da § 14 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz missachtet wurde.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich keine der beiden Parteien auf den Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz und eine etwaige Nichtigkeit des Vertrages berufen hatte. Das Gericht hegte diesen Verdacht selbst und ist ihm konsequent nachgegangen.

Bemerkenswert ist weiter, dass es den Parteien weder half, zu beteuern, sie hätten nicht gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen wollen, noch dass die nachträglich tatsächlich erfolgte Rechnungslegung relevant wäre. Beides hinderte das Oberlandesgericht nicht daran, anzunehmen, dass die eigentliche Abrede der Parteien eine rechtswidrige war.

Die Folgen sind erheblich:

Gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ist der Vertrag nichtig. Offene Vergütungsforderungen können auf dieser Basis nicht mehr geltend gemacht werden. Das Gleiche gilt für Gewährleistungsansprüche (BGH aaO.). Auch Ansprüche aus Bereicherung sind gemäß § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen.

Zusammenfassung:

Die Verpflichtung zur Rechnungslegung innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss der Arbeiten gemäß § 14 Umsatzsteuergesetz darf nicht unterschätzt werden. Wird sie verletzt, so kann hieraus über den Umweg des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 134 BGB die Nichtigkeit des gesamten Vertrages folgen. Dies unabhängig davon, ob sich eine der beiden Parteien überhaupt auf die Nichtigkeit beruft. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zeigt dabei eindrücklich, dass die Parteien im Falle eines Verstoßes gegen § 14 Umsatzsteuergesetz auch gute Gründe vorweisen müssen, um diesen zu rechtfertigen und den Verdacht der Schwarzarbeit aus der Welt zu räumen.

Für Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Ansprechpartner für Bau- und Architektenrecht gerne zur Verfügung.

Zurück

Ansprechpartnerin für Medienanfragen

Jennifer Wagener
Jennifer Wagener

Leitung Marketing, Business Development & Kommunikation

Anwälte Kompetenzen Veranstaltungen Nachrichten Standorte Karriere Infoportal Online Services Publikationen Über Kapellmann