Anwälte Kompetenzen Veranstaltungen Nachrichten Karriere Infoportal EN

Flughäfen aktuell 05/2021: Regionalflughäfen werden bei den Flugsicherungskosten entlastet

20. Mai 2021

Schon vor der COVID-19-Pandemie berichteten die Regionalflughäfen, dass sie die Kosten für die Flugsicherung nur unzureichend an die Flughafennutzer weiterreichen können. Die finanzielle Situation der Flughäfen hat sich nach mehr als einem Jahr Krisenmodus drastisch verschlechtert und Aussicht auf kurzfristige Besserung besteht kaum.

Der Bundestag hat nun eine finanzielle Entlastungsmöglichkeit für Regionalflughäfen geschaffen. Unser Kompetenzteam Flughäfen stellt das 16. Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes und seine Auswirkungen auf die Praxis vor.

1. Wer trug bislang die Kosten der Flugsicherung an Regionalflughäfen?

Für sechszehn deutsche Flughäfen (Berlin-Brandenburg, Bremen, Dresden, Düsseldorf, Erfurt/Weimar, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln/Bonn, Leipzig, München, Münster/Osnabrück, Nürnberg, Saarbrücken und Stuttgart) hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) einen Bedarf aus Gründen der Sicherheit und aus verkehrspolitischen Gründen anerkannt. An diesen Flughäfen werden die Kosten der Flugsicherung unmittelbar von den Luftraumnutzern getragen. Die Flugsicherungsdienste werden an diesen Flughäfen direkt von der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH erbracht, welche auch die Gebühren und Auslagen erhebt.

Anders ist dies bei Flughäfen, für die das BMVI keinen „Bedarf aus Gründen der Sicherheit und aus verkehrspolitischen Interessen anerkennt“. Dies ist typischerweise bei kleineren, regionalen Flughäfen der Fall (zur Vereinfachung im Folgenden: „Regionalflughäfen“). Diese müssen die Flugsicherungsorganisation selbst beauftragen und deren Kosten bislang auch eigenständig tragen.

2. Wie sollen Regionalflughäfen finanziell unterstützt werden?

Der Gesetzgeber hat nun für einen noch näher zu bestimmenden Kreis von Regionalflughäfen (siehe 3.) einen eigenen Gebührentatbestand geschaffen (§ 27d Abs. 1a und 1b LuftVG n.F.). Flugsicherungsorganisationen, die von diesen Regionalflughäfen beauftragt werden, können dann eigenständig Gebühren und Auflagen erheben.

Um ein möglichst einheitliches Gebührenniveau erreichen zu können, soll die nach der Gebühreneinnahme verbleibende Finanzierungslücke bei den förderberechtigten Regionalflughäfen durch Bundesmittel geschlossen werden. Durch die Entlastung der Regionalflughäfen bei den Flugsicherungsgebühren sollen die Flughafenentgelte an diesen Flughäfen stabilisiert werden.

Der Bundeshaushalt stellt für das Haushaltsjahr 2021 EUR 20 Mio. zu Verfügung. Für die Jahre 2022 bis 2025 sind im Bundeshaushalt jeweils EUR 50 Mio. veranschlagt. Die Länder und Kommunen müssen sich nicht finanziell beteiligen.

3. Welche Regionalflughäfen können von der Gesetzesänderung profitieren?

Diejenigen Flughäfen, für welche das BMVI „die Notwendigkeit von Flugsicherungsdiensten und dazu erforderlich flugsicherungstechnischen Einrichtungen anerkennt“, sollen finanziell unterstützt werden können.

Als Kriterien für die Bestimmung der förderberechtigten Regionalflughäfen nennt die Gesetzesbegründung „im Wesentlichen: Art des jeweiligen Flugverkehrs, Flugverkehrsdichte und Wetterbedingungen. Ein verkehrspolitisches Interesse des Bundes ist bei diesen Flugplätzen nicht erforderlich.“ (BT-Drs. 19/28788, S. 7). Die förderberechtigten Regionalflughäfen werden durch die Rechtsverordnung des BMVI bestimmt.

4. Müssen die Regionalflughäfen ihre Flugsicherungsdienstleister wechseln?

Nicht unbedingt. Es bleibt dabei, dass die Flugsicherungsdienstleistungen an Regionalflughäfen nicht zwingend von der DFS erbracht werden müssen. Jedoch müssen die Flugsicherungsorganisationen die Wirtschaftlichkeit ihrer Leistung gegenüber dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung nachweisen (§ 31f Abs. 2a Satz 1 LuftVG n.F.). Die Einzelheiten dieses Verfahrens sollen durch eine Rechtsverordnung näher bestimmt werden (§ 31f Abs. 3a LuftVG n.F.).

Aus Gründen der Vereinfachung gelten die bisherigen Beauftragungen zunächst fort (§ 31f Abs. 3b Satz 1 LuftVG n.F.). Bis zur Neuregelung der Vertragsbeziehungen ist die Flugsicherungsorganisation verpflichtet, das vereinbarte und bereits eingenommene Entgelt bis zur Höhe der eingenommenen Gebühren und der erhaltenen Erstattungen aus Haushaltsmitteln an den Regionalflughafen herauszugeben (§ 31f Abs. 3b Satz 1 LuftVG n.F.).

5. Ist die Änderung mit dem EU-Beihilferecht vereinbar?

Die Gesetzesänderung ist darauf ausgerichtet, dass keine Beihilfen gewährt werden und es daher nicht zu einem Konflikt mit dem Beihilferecht kommt. Zwar sind nach Art. 107 Abs. 1 AEUV staatliche Beihilfen, die durch die Begünstigung von Unternehmen den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, grundsätzlich verboten. Jedoch unterliegen Tätigkeiten, für die normalerweise der Staat aufgrund seiner hoheitlichen Befugnisse zuständig ist, nicht dem EU-Beihilferecht. Die Flughafenleitlinien der EU-Kommission zählen dazu ausdrücklich den Bereich der Flugsicherung. Die staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten sind strikt auf den Kostenausgleich beschränkt. Dagegen könnte jede Überkompensation eine staatliche Beihilfe darstellen.

Außerdem dürfen nach den Flughafenleitlinien öffentliche Fördermittel für die Erbringung hoheitlicher Tätigkeiten nicht zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung zwischen den Flughäfen führen. Die Bundesregierung argumentiert insoweit, dass alle Flugplätze einbezogen und gleichbehandelt werden, bei denen nach den Kriterien des Art. 3a der Durchführungsverordnung (EU) 2017/373 die Notwendigkeit von Flugsicherungsdiensten anerkannt ist (BT-Drs. 19/28788, S. 7).

6. Wann treten die Gesetzesänderungen in Kraft?

Die Änderungen des § 27d LuftVG und in § 37f Absätze 3a und 3b LuftVG treten am Tag nach der Verkündung des Änderungsgesetzes in Kraft. Der neue § 31f Abs. 2a LuftVG und damit zusammenhängende Änderungen treten erst am 01. September 2021 in Kraft. Durch das gespaltene Inkrafttreten soll den Unternehmen ausreichend Zeit für die Umstellung gegeben werden.

Außerdem müssen noch die Einzelheiten des Verfahrens, insbesondere des Auswahlverfahrens der Flugsicherungsorganisationen, des Nachweises der Kosten, der Erforderlichkeit der Aufwendungen, der Rechnungslegung und der Erstattung durch eine Rechtsverordnung näher bestimmt werden.

Sprechen Sie gerne die Mitglieder unseres Kompetenzteams Flughäfen bei Fragen an.

#flughaefen_kapellmann

Rund die Hälfte der internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland vertraut auf die juristische Kompetenz von Kapellmann, einige von ihnen seit Jahrzehnten. Durch unsere langjährige Beratungstätigkeit haben wir ein tiefes Verständnis der betrieblichen und wirtschaftlichen Abläufe an Flughäfen erworben. Jede Novelle in den relevanten Vorschriften berücksichtigen wir vorausschauend.

Eine der von Unternehmensjuristen meistempfohlenen Kanzleien für die Branche Luft- und Raumfahrt
kanzleimonitor.de 2019/20

#beihilferecht_kapellmann

Wir unterstützen Empfänger und Geber von Beihilfen bei der rechtssicheren Gestaltung – und übernehmen, sofern gewünscht, die Notifizierung bei der EU. In Prüfverfahren vertreten wir unsere Mandanten vor der EU-Kommission. Das Ziel: Rückforderungen vermeiden und beihilferechtskonforme Gestaltungen für die Zukunft finden. Die Nähe unseres Brüsseler Büros zu den EU-Institutionen kommt uns dabei zugute.

Gut vernetzt in Brüssel und mit deutschen Behörden. – Die Kanzlei ist v. a. für ihre Dauerpräsenz bei beihilferechtlichen Fragen rund um die Luftverkehrsbranche bekannt.
JUVE Handbuch 2018/19 und 2019/20

Empfohlene Kanzlei für Beihilferecht
Legal 500 Deutschland 2020

Zurück

Ansprechpartnerin für Medienanfragen

Jennifer Wagener
Jennifer Wagener

Leitung Marketing, Business Development & Kommunikation

Anwälte Kompetenzen Veranstaltungen Nachrichten Standorte Karriere Infoportal Online Services Publikationen Über Kapellmann