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Grundsteuerreform - Folgen des Megaprojekts für Grundstückseigentümer

03. Februar 2022

Die Grundsteuer bemisst sich in Deutschland in aller Regel nach dem Wert des Grundstücks (ggf. einschließlich Bebauung). Als entscheidender Parameter dient hierbei ein durch die Finanzämter festgesetzter sogenannter Einheitswert. Das Produkt aus Einheitswert und Steuermesszahl (die gesetzlich vorgegeben ist) ergibt sodann den Grundsteuermessbetrag. Die zu zahlende Grundsteuer erhält man schließlich durch Multiplikation des Grundsteuermessbetrags mit dem von den erhebenden Gemeinden festgelegten Hebesatz. Auf dieser Grundlage wird sodann ein Grundsteuerbescheid erlassen.

Die Einheitswerte basieren aktuell für Grundstücke in den alten Bundesländern auf dem Jahr 1964 und für Grundstücke in den neuen Bundesländern sogar aus dem Jahr 1935. Aufgrund dieser veralteten Einheitswerte hatte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 die Grundsteuer für teilweise verfassungswidrig erklärt. Deshalb ist eine Reform der Grundsteuer fällig.

Worum geht es?

Auf den 1. Januar 2022 werden nun bundesweit alle grundsteuerpflichtigen Grundstücke neu bewertet. Der sich so ergebende Wert soll den bislang geltenden veralteten Einheitswert ersetzen. Diese neue Grundsteuer soll erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2025 erhoben werden. Die eigentliche Grundsteuerreform tritt nämlich erst zum 1. Januar 2025 in Kraft. Zu diesem Datum werden das Grundsteuer-Reformgesetz, das Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetztes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken sowie das Grundgesetz geändert. Damit diese gesetzlichen Neuregelungen zum 1. Januar 2025 aber auch reibungslos in Kraft treten können, hat die Finanzverwaltung zum 1. Januar 2022 mit der Neubewertung aller relevanten Grundstücke in Deutschland (das sind rund 30 Millionen!) begonnen.

Was ändert sich?

Da bislang Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer veraltete Einheitswerte waren, die noch dazu abweichend in West- und Ostdeutschland festgelegt worden sind, ist ein neuer Berechnungsmechanismus für die Grundsteuer erforderlich. Künftig wird nicht mehr auf den Einheitswert, sondern auf einen sogenannten Grundsteuerwert abgestellt. Wie bislang soll es allerdings weiterhin zur Ermittlung der Grundsteuer ein dreistufiges Verfahren geben:

  • Zunächst wird der Grundsteuerwert ermittelt. Dieser ersetzt den bisherigen Einheitswert.
  • Sodann erfolgt die Feststellung des Grundsteuermessbetrags. Der Grundsteuermessbetrag ist das Produkt aus der Steuermesszahl und dem Grundsteuerwert.
  • Abschließend kann die Grundsteuer festgelegt werden. Hier wird auch wie bislang der Grundsteuermessbetrag mit dem gemeindlich festgelegten Hebesatz multipliziert.

Bei der Ermittlung des Grundbesitzwertes werden nun erstmals neben dem Bodenrichtwert und der Grundstücksfläche sowohl die Art der Immobilie bzw. die Art der Bebauung als das Baujahr der Immobilie berücksichtigt. Dieses neue deutschlandweit einheitliche Berechnungsverfahren wird als „Bundesmodell“ bezeichnet. Für Wohngrundstücke soll dabei eine Ermittlung im Ertragswertverfahren und für sonstige Grundstücke in Sachwertverfahren stattfinden.

  • Dem Sachwertverfahren liegen die gewöhnlichen Herstellungskosten und der Bodenrichtwert zugrunde. Erforderliche Angaben sind mithin der Bodenrichtwert, die Grundstücksfläche, das Gebäudealter und die Bruttogrundfläche.
  • Für das Ertragswertverfahren werden benötigt der Bodenrichtwert, die Grundstücksfläche, die Nettokaltmiete, die Immobilienart und das Alter des Gebäudes. Dabei ist die Nettokaltmiete fest vorgebeben, denn sie ergibt sich aus einer Anlage zum Bewertungsgesetz.

Schon bislang stand es der Gemeinde frei, für ihr Gebiet zwei verschiedene Hebesätze festzulegen (sog. Grundsteuer A und Grundsteuer B). Hinzu kommt künftig ein drittes Modell, die sog. Grundsteuer C. Während die Grundsteuer A weiterhin für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und die Grundsteuer B weiterhin für bebaute oder unbebaute Grundstücke gilt, soll die Grundsteuer C für sog. baureife Grundstücke Anwendung finden.

Nach der ersten sog. Hauptfeststellung auf den 1. Januar 2022 sollen die Grundsteuerwerte alle sieben Jahre neu festgestellt werden, um künftig zu vermeiden, dass wie bislang auf teilweise 85 Jahre alte Werte abgestellt wird. Allerdings sieht das Bewertungsgesetz auch bislang schon vor, dass eine Neufestsetzung alle sechs Jahre erfolgen soll – dennoch hat es seit Jahrzehnten keine sog. Hauptfestsetzung mehr gegeben.

Darüber hinaus wird den Bundesländern über eine Öffnungsklausel ermöglicht werden, eigene abweichende Berechnungsmethoden einzuführen. Das soeben beschriebene sog.  Bundesmodell ist damit faktisch nur optional, da die Bundesländer in der Lage sind, ein eigenes Grundsteuermodell einzuführen. Bislang wollen von dieser Öffnungsklausel lediglich Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen Gebrauch machen.

Was ist nun wichtig?

Sämtliche Grundstücke müssen auf den Stichtag 1. Januar 2022 neu bewertet werden. Dafür ist die Abgabe einer Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts beim zuständigen Finanzamt einzureichen (Feststellungserklärung). Dabei müssen Grundstückseigentümer aber nicht etwa nachträglich selbst aktiv werden. Es bedarf einer Aufforderung durch die zuständige Finanzbehörde zur Begründung der Abgabepflicht. Hierbei muss dann eine Frist zur Abgabe der Erklärung bestimmt werden. Diese muss jedoch mindestens einen Monat betragen, was für den einen oder anderen sicherlich erstaunlich kurz sein dürfte. Eine Aufforderung kann dabei auch durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Nicht alle Bundesländer werden dies erwartungsgemäß in identischer Weise umsetzen. Die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen hat bereits angekündigt, dass Eigentümer von Wohngrundstücken ab Mai 2022 ein individuelles Informationsschreiben erhalten werden. In diesem Schreiben werden Daten, die der Finanzverwaltung bereits vorliegen und solche, die für die Festlegung des Grundsteuerwerts noch benötigt werden, angegeben. Grundstückseigentümer sollten daher beizeiten beginnen, sich mit den Anforderungen vertraut zu machen und ggf. bereits erforderliche Daten zu sammeln, damit einer reibungslosen Abgabe der Erklärung nichts im Wege steht.

Denn die Zeit ist durchaus knapp: Die Feststellungserklärung ist in der Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Oktober 2022 abzugeben. Dies ist allein digital über das Portal ELSTER möglich. Damit hat es den Anschein, dass Nordrhein-Westfalen jedenfalls nicht von der Möglichkeit einer öffentlichen Bekanntmachung Gebrauch machen, sondern jeden betroffenen Grundstückseigentümer individuell anschreiben wird. Wird innerhalb des Abgabezeitraums vom 1. Juli bis 31. Oktober 2022 keine Feststellungserklärung abgegeben, droht die Schätzung des Grundsteuerwerts und ggf. auch ein Bußgeld.

Fazit

Von Grundstückseigentümern wird in diesem Jahr einiges an Mitarbeit zwecks Umsetzung der Grundsteuerreform erwartet. Sie werden innerhalb des ersten Halbjahres 2022 voraussichtlich aufgefordert werden, eine Grundsteuererklärung abzugeben, die es der Finanzverwaltung ermöglichen soll, einen Grundsteuerwert für das jeweilige Grundstück festzulegen, auf dessen Grundlage sodann ab 1. Januar 2025 die reformierte Grundsteuer erhoben werden wird. Die Grundstückseigentümer können dabei nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass sie von der Finanzverwaltung proaktiv angeschrieben und zur Abgabe einer Grundsteuererklärung aufgefordert werden. Die Finanzverwaltung hat ausdrücklich die Möglichkeit, entsprechende Aufforderungen durch öffentliche Bekanntmachungen auszusprechen. Deshalb sollten Grundstückseigentümer derzeit ein besonderes Augenmerk auf öffentliche Bekanntmachungen legen. Zumindest für Nordrhein-Westfalen hat es allerdings den Anschein, dass der Weg über Einzelaufforderungen gegangen werden soll, so dass die Grundstückseigentümer dort voraussichtlich abwarten können, bis sie vom Finanzamt zu einer entsprechenden Mitwirkung aufgefordert werden.

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