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Blogreihe "Wasserstoff aktuell": Genehmigung von Wasserstoff-Speicheranlagen

08. März 2022

Im sechsten Teil unserer Kapellmann Blogreihe „Wasserstoff aktuell“ werfen wir einen Blick auf die genehmigungsrechtlichen Rahmenbedingungen der Wasserstoffspeicherung.

Um die Versorgungssicherheit an Energieträgern auch im postfossilen Zeitalter zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass nicht nur die Produktion (vgl.  zur Genehmigung von Elektrolyseuren den 3. Teil unserer Blog-Reihe) von grünem Wasserstoff und die notwendige Wasserstoffinfrastruktur (vgl. dazu den 4. Teil unserer Blog-Reihe), sondern auch die Speichermöglichkeiten verstärkt ausgebaut werden.

Die Speicherung von Wasserstoff kann in oberirdischen und unterirdischen Speichern erfolgen. Beide Varianten sind an jeweils unterschiedliche Genehmigungserfordernisse geknüpft. Die wesentlichen Eckpunkte haben wir im Folgenden zusammengefasst.

1. Oberirdische Speicheranlagen

1.1 Immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht

Die oberirdische Speicherung von Wasserstoff erfolgt in der Regel durch die Errichtung klein- bis mittelvolumiger Gasbehälter in Metallbauweise. Oberirdische Wasserstoff-Speicheranlagen unterliegen in der Regel der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht.

Immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig sind nach § 4 Abs. 1 BImSchG die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen. Eine konkretisierende Auflistung der dieser Definition unterfallenden Anlagen findet sich in Anhang 1 der 4. BImSchV. Nr. 9.3 dieser Auflistung i.V.m. Nr. 17 des Anhang 2 der 4. BImSchV normiert die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht der Errichtung und des Betriebs von Anlagen, die der Lagerung von Wasserstoff dienen.

Ab einer Lagerkapazität von drei Tonnen oder mehr, bedarf die Anlage einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, wobei die Durchführung im vereinfachten Genehmigungsverfahren erfolgen kann.

Ab einer Lagerkapazität von 30 Tonnen und mehr ist die Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung verpflichtend.

1.2 Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung

Diese Grenzwerte gelten auch für die Frage nach der Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Während die Errichtung und der Betrieb von Wasserstoff-Speicheranlagen mit einer Lagerkapazität von drei Tonnen und mehr nach Nr. 9.3.3 des Anhang 1 zum UVPG die Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung genügt, bedarf es ab einer Kapazität von 30 Tonnen und mehr nach Nr. 9.3.2 einer allgemeinen Vorprüfung.  Ab einer Speicherkapazität von 200.000 Tonnen und mehr ist nach Nr. 9.3.1 der Anlage 1 zum UVPG die Durchführung einer UVP obligatorisch.

1.3 Störfallrechtliche Betreiberpflichten

Darüber hinaus fällt eine Speicheranlage mit einer Lagerkapazität von über fünf Tonnen in den Störfallbetriebsbereich der unteren Klasse, ab einer Lagerkapazität von über 50 Tonnen fällt die Anlage in den Störfallbetriebsbereich der oberen Klasse nach der 12. BImSchV. Aus dieser Einstufung ergeben sich zusätzliche Betreiberpflichten zur Vermeidung von Störfällen, etwa Warn- oder Messpflichten sowie erweiterte Anzeigepflichten.

1.4 Umnutzung von Erdgasspeichern

Bei der Umnutzung von Erdgasspeichern ist grundsätzlich eine Änderungsgenehmigung gemäß § 16 BImSchG erforderlich, da sich die Prüfung der Wesentlichkeit einer Änderung nicht nur auf den Normalbetrieb, sondern auch auf Störfälle bezieht (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 16.01.2018 – 12 ME 230/17). Je nach Beschaffenheit der Bestandsanlage kann im Einzelfall jedoch auch eine Änderungsanzeige nach § 15 BImSchG genügen, wenn die durch die Änderung hervorgerufenen nachteiligen Auswirkungen gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Ab. 1 Nr. 1 BImSchG ergebenden Anforderungen sichergestellt ist (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG).

Eine der Regelung des § 43l EnWG entsprechenden Bestimmung, nach der für die Umstellung von Gasversorgungsleitungen auf Wasserstoff eine behördliche Zulassung nicht erforderlich ist (vgl. dazu den 4. Teil unserer Blog-Reihe), ist für Speicheranlagen – jedenfalls gegenwärtig – nicht vorgesehen.

2. Unterirdische Speicheranlagen

Die unterirdischen Speicheranlagen für Wasserstoff unterfallen – ebenso wie unterirdische Erdgasspeicher – dem Regelungsregime des Bergrechts.

Speicheranlagen für Wasserstoff stellen Untergrundspeicher im bergrechtlichen Sinne dar. Das ergibt sich u.a. aus § 4 Abs. 9 BbergG, wonach Untergrundspeicher im Sinne des BBergG Anlagen „zur unterirdischen behälterlosen Speicherung von Gasen, Flüssigkeiten und festen Stoffen mit Ausnahme von Wasser“ sind. Ausweislich dieses Begriffsverständnisses ist es unerheblich, ob es sich bei den Speichern um sog. Porenspeicher oder Kavernenspeicher handelt, da beide Speicherformen behälterlos sind. Die Eignung von Porenspeichern zur ausschließlichen Speicherung von Wasserstoff wird gegenwärtig noch erforscht und bislang angezweifelt (Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, WD 8–3000–066/19, S. 5).

2.1 Hauptbetriebsplanzulassung

Nach § 2 Abs. 2 BBergG gilt das bergrechtliche Zulassungsverfahren für das Untersuchen des Untergrunds auf seine Eignung zur Errichtung von Untergrundspeichern sowie für das Errichten und Betreiben dieser Speicher und der dazugehörigen Einrichtungen, die dem Betrieb des Speichers dienen oder zu dienen bestimmt sind, soweit dies im BBergG ausdrücklich bestimmt ist. Nach § 126 Abs. 1 i.V.m. § 51 ff. BbergG bedürfen unterirdische Speicheranlagen einer bergrechtlichen Hauptbetriebsplanzulassung.

Der Betriebsplan hat nach § 52 Abs. 4 BbergG eine Darstellung des Umfanges, der technischen Durchführung und der Dauer des beabsichtigten Vorhabens zu enthalten. Er bildet die betrieblich-technische Basis für die Errichtung und Führung des Betriebs und enthält eine Darstellung u.a. sämtlicher Betriebsanlagen.

Bei der behördlichen Zulassung des Hauptbetriebsplans handelt es sich um eine sog. gebundene Entscheidung, d.h. der Vorhabenträger hat einen Anspruch auf Zulassung, wenn er den Nachweis führt, dass u.a. die in § 55 Abs. 1 BbergG statuierten Vorgaben, etwa die allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik, erfüllt werden.

2.2 Rahmenbetriebsplanzulassung nur bei UVP-Pflichtigkeit

Nach § 52 Abs. 2a BBergG ist zusätzlich die Aufstellung eines Rahmenbetriebsplans und für dessen Zulassung die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens erforderlich, wenn für das Vorhaben eine UVP-Pflicht nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) besteht.

Die UVP-V Bergbau regelt eine etwaige UVP-Pflichtigkeit allerdings (bislang) nur für Untergrundspeicher für Erdgas (vgl. § 1 Satz 1 Nr. 6a UVP-V Bergbau). Erdgas besteht hauptsächlich aus Methan und ist daher nicht mit reinem Wasserstoff gleichzusetzen. Ein unterirdischer Kavernenspeicher für reinen Wasserstoff begründet daher keine UVP-Pflicht und damit auch keine Rahmenbetriebsplan- und Planfeststellungsbedürftigkeit.

Allerdings ist damit zu rechnen, dass der Verordnungsgeber bei steigendem Bedarf nach unterirdischen Wasserstoffspeichern die UVP-V Bergbau ergänzen und die für Erdgas bestehenden Regelungen auf Wasserstoffspeicher erstrecken wird. Für Untergrundspeicher für Erdgas mit einem Fassungsvermögen von 1 Milliarde Kubikmeter oder mehr sieht die UVP-V Bergbau eine allgemeine Vorprüfung vor; bei einem Fassungsvermögen von 100 Millionen Kubikmeter bis weniger als 1 Milliarde Kubikmeter ist eine standortbezogene Vorprüfung vorgeschrieben.

2.3 Umnutzung von Erdgasspeichern

Bei einer Umnutzung unterirdischer Erdgasspeicher in Wasserstoffspeicher bedarf es einer Änderung des Betriebsplans (vgl. § 52 Abs. 4 Satz 2 BbergG).

Hierbei kann nach § 52 Abs. 2a BbergG eine Planfeststellungspflicht bestehen, wenn für das Änderungsvorhaben nach § 9 UVPG eine UVP durchzuführen ist. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn für den betreffenden Erdgasspeicher eine UVP durchgeführt worden ist und eine allgemeine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UVPG).

Bei Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Ansprechpartner des Kompetenzteams Green Contracts und des Kompetenzteams Erneuerbare Energien gerne zur Verfügung.

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