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Der Green Deal wird konkret: Das „Fit for 55“-Paket der EU-Komission

22. Juli 2021

Die Europäische Kommission hat am 14.07.2021 unter dem Titel „Fit for 55“ einen umfangreichen Klimaplan vorgelegt, welcher das Erreichen der europäischen Klimaschutzziele durch alle Wirtschaftszweige sicherstellen soll. Zwölf Einzelmaßnahmen sollen gemeinsam dazu beitragen, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Diese Verringerung gilt als entscheidender Schritt für das Vorhaben, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden, die im Europäischen Klimagesetz festgeschriebenen Ziele zu erreichen und den europäischen Grünen Deal zu verwirklichen.

Die EU-Kommission schlägt vor, acht Regularien zu verschärfen und vier neue zu beschließen. Es geht um die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien und um größere Energiesparziele, um den Verkauf klimaneutraler Neuwagen und saubereren Kraftstoff für bereits auf dem Markt befindliche Autos, Flugzeuge und Schiffe, um eine Ausweitung des europäischen Systems zur Bepreisung von CO2-Emissionen auf weitere Sektoren sowie um strengere Auflagen im Rahmen des bestehenden EU-Emissionshandelssystems, um eine klimazielgerechte Besteuerung von Energiequellen und auch um die Unterstützung bedürftiger Bürger:innen, damit sie bei dem Klimaübergang vor zu hohen Kosten geschützt werden.

Nach Angaben der Kommission im sog. Buildings Factsheet sind Gebäude für 40% des Energieverbrauchs und 36 % der energiebezogenen Treibhausgasemissionen verantwortlich. 35 Millionen Gebäude könnten renoviert- und 160.000 zusätzliche grüne Arbeitsplätze im Bausektor geschaffen werden. Entsprechend soll das offensichtliche Verbesserungspotential des Gebäudesektors auch realisiert werden. Grund genug also, sich die Pläne der EU-Kommission näher anzusehen.

So sollen vor allem die Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU und die Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED II 2018/2001 überarbeitet werden, um Gebäude energieeffizienter werden zu lassen und die Nutzung erneuerbarer Energien zu steigern. Immerhin stammen 75 % der EU-Emissionen aus der Erzeugung und dem Verbrauch von Energie. Geplant ist die Integration erneuerbarer Energien in die Netze zu vereinfachen und einen stärkeren Anreiz für die Elektrifizierung zu setzen. 40 % für den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix lautet die neue verbindliche Zielvorgabe (derzeit sind 32 % für 2030 vorgesehen und wurden 2019 knapp 20 % erreicht) und 49 % der neue Richtwert für erneuerbare Energien in Gebäuden.

Der Plan der verschärften Energieeffizienzrichtlinie setzt mit 39 % für den Primärenergieverbrauch und 36 % für den Endenergieverbrauch ebenfalls höhere Energiesparziele bis 2030 (derzeit lag das unverbindliche Ziel bei 32,5 %). Bei Planungs- und Investitionsentscheidungen soll die Energieeffizienz künftig an die erste Stelle gesetzt werden. Zudem sollen beispielsweise jährlich mindestens 3 % der Gesamtfläche aller öffentlichen Gebäude renoviert werden und der Energieverbrauch im öffentlichen Sektor jährlich um 1,7 % gesenkt werden. Weiterhin sollen die Mitgliedstaaten die Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung bis 2030 jährlich um 1,1 % erhöhen.

Der neue Emissionshandel in Bezug auf Brennstoffe für Gebäude soll die Verringerung der Emissionen beschleunigen und Investitionen in erneuerbare Energien und in Energieeffizienz anregen. Unter anderem soll der bestehende CO2-Preis für Heizen mit Strom und Fernwärme durch einen Preis für das Beheizen von Wohngebäuden ergänzt werden.

Außerdem wird ein Klima-Sozialfonds aufgelegt. Einnahmen aus dem Emissionshandel für den Bereich Straßenverkehr und Gebäude sollen dazu genutzt werden, schutzbedürftige Haushalte finanziell für Renovierungen oder Investitionen in Heizsysteme zu unterstützen. Für den Zeitraum von 2025 bis 2032 sollen 72,2 Milliarden Euro für die Renovierung von Gebäuden, für den Zugang zu emissionsfreier und emissionsarmer Mobilität und für Einkommensbeihilfen bereitgestellt werden.

Eine neue Lastenteilungsverordnung soll sicherstellen, dass Emissionssenkungsziele auch für Gebäude erreicht werden. Schließlich sollen noch vor Jahresende zusammen mit einem Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden („EU-Gebäuderichtlinie“) weitere Maßnahmen folgen, welche die Dekarbonisierung von Gebäuden vorantreiben sollen. Es bleibt somit spannend.

Das vorgestellte Maßnahmenpaket der EU-Kommission gilt jedoch nicht unmittelbar. Im nächsten Schritt stehen eine Verhandlung und die Annahme des Legislativpakets durch das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten an, was durchaus einige Monate dauern kann. Es wird weiter zu berichten sein.

Bei Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Ansprechpartner des Kompetenzteams Green Contracts gerne zur Verfügung.

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