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Das Klimaschutz Sofortprogramm 2022 – über 5 Milliarden Euro zusätzlich für „grüne“ Gebäude

30. Juli 2021

Am 24.06.2021 hat der Bundestag dem Entwurf der Bundesregierung für ein erstes Gesetz zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) in der vom Umweltausschuss geänderten Fassung zugestimmt. Die Gesetzesänderung dient dazu, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus März 2021 umzusetzen: Das Gericht entschied, dass das KSG mit den Grundrechten unvereinbar sei, soweit eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Regelung über die Fortschreibung der Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 fehlt. Mit der Gesetzesänderung wird das bestehende nationale Klimaschutzziel für das Jahr 2030 auf mindestens 65 Prozent (vorher 55 Prozent) erhöht. Für 2040 gilt dann ein Ziel von 88 Prozent und bis zum Jahr 2045 soll die Treibhausgasneutralität erreicht werden – insoweit hatten wir im Beitrag zur BVerfG-Entscheidung bereits kurz über den Gesetzesentwurf vom 12.05.2021 berichtet. Nun werden die Einsparungsziele also verbindlich.

Angerissen hatten wir ebenfalls, dass die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem vorgelegten Eckpunktepapier „Klimapakt Deutschland“, das nach der Bundesumweltministerin eine „fundierte To-do-Liste für die Bundesregierung“ darstellen soll, auch ein Sofortprogramm 2022 angekündigt hat, welches für Klimaschutzinvestitionen u.a. die Bereitstellung weiterer Mittel in Höhe von knapp 8 Milliarden Euro vorsehe. Das Bundeskabinett hat entsprechend am 23.06.2021 das „Klimaschutz Sofortprogramm 2022“ beschlossen, welches neben übergreifenden Maßnahmen detaillierte Vorgaben für den Industrie-, Energie-, Gebäude-, und den Verkehrssektor, ferner für die Landschaft und den LULUCF-Sektor enthält. Übrigens: In Bezug auf den Gebäudesektor musste die Bundesregierung ein solches Sofortprogramm ohnehin vorlegen, weil diesbezüglich eine Überschreitung der zulässigen Jahresemissionsmengen vorlag, der Gebäudesektor also die Einsparziele des KSG verfehlt hatte.

Das größte Energiespar- und Klimaschutzpotential wird wenig überraschend im Gebäudesektor gesehen. Mit 4,5 Milliarden Euro sind über die Hälfte der zusätzlichen Mittel dafür vorgesehen, die energetische Sanierung von Gebäuden und den Einbau energieeffizienter Heizungen zu fördern. Eine weitere Milliarde Euro soll bis 2025 für den klimagerechten sozialen Wohnungsbau, d.h. für einen energetisch hochwertigen Neubau oder für die energetische Modernisierung von Sozialwohnungen, bereitgestellt werden. Neben der Erhöhung der Haushaltsmittel in 2022 und 2023 zur Finanzierung der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) will der Bund ab 2023 daher keine Heizungen mehr fördern, die ausschließlich mit fossilen Brennstoffen betrieben werden können. Die Überprüfung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) wird auf 2022 vorgezogen, wobei Neubaustandards angehoben werden sollen. Die drei Maßnahmen im Gebäudesektor (BEG, klimagerechter sozialer Wohnungsbau, Überprüfung des GEG) sind dabei insgesamt allgemein gefasst. Das ist gar nicht so verwunderlich:

Der Kabinettsbeschluss zum Sofortprogramm wurde insbesondere mit Blick auf Maßnahmen im Gebäudebereich mit einer gewissen Spannung verfolgt, weil im Vorfeld in der Tagespresse schon über einen zuvor bekannt gewordenen und als „vertraulich“ gekennzeichneten Entwurf berichtet wurde. Dieser Entwurf ging zum einen inhaltlich weiter und enthielt zum anderen sehr detaillierte Vorgaben. Er erklärte etwa den bisherigen Förderstandard EH-55 ab 2023 zum Neubaustandard für alle Gebäude und legte eine Anhebung auf EH-40 für 2025 fest. Für die BEG waren zahlreiche Änderungen genannt. Auch sah der Entwurf eine hälftige Teilung der Kosten aus der CO2-Bepreisung zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen vor, wollte zusätzliche Aus- und Weiterbildungen für Effizienzexpert*innen und Handwerker*innen fördern und Beratungsinstrumente wie den individuellen Sanierungsfahrplan stärken. Vor allem aber der ohne weitere Begründung einhergehende Passus, es werde „eine PV- bzw. Solarthermie-Installationspflicht für alle Neubauten und bei größeren Dachsanierungen eingeführt“, führte zu einer großen Diskussion und letztlich zur Streichung der Maßnahme.

Die übrigen rund 2,5 Milliarden Euro sieht das Sofortprogramm 2022 für die anderen Sektoren vor. So sollen etwa über 800 Millionen Euro für Maßnahmen im Industriesektor bereitgestellt werden, wobei der größte Anteil auf die Aufstockung des Programms zur Dekarbonisierung und das Pilotprogramm für Klimaschutzverträge entfällt. Weitere knapp 100 Millionen Euro sollen in die Erzeugung bzw. Forschung grünen Wasserstoffs und Wärmenetze investiert werden und über eine Milliarde Euro soll für den klimafreundlicheren Verkehr zur Verfügung gestellt werden, wobei alleine der Radverkehr mit knapp 400 Millionen Euro gefördert werden soll. Der Bund will zudem mit gutem Beispiel vorangehen: Bis 2030 soll die Bundesverwaltung klimaneutral organisiert sein.

In jedem Fall stellt das beschlossene Programm eine wichtige Grundlage für die Finanzierung klimapolitisch notwendiger Maßnahmen dar. Ob die ursprünglich im Entwurf enthaltenen Ideen aber auch dauerhaft gestrichen sind, oder ob beispielsweise der Einbau von Solaranlagen bei Neubauten und Dachrenovierungen irgendwann doch noch eine bundeseinheitliche Pflicht wird, bleibt abzuwarten – mit dem neuen Solargesetz Berlin und der ersten Rechtsverordnung zum Hamburgischen Klimaschutzgesetz gibt es bereits erste Regularien auf Länderebene.

Bei Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Ansprechpartner des Kompetenzteams Green Contracts gerne zur Verfügung.

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