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Praxisinfo Kartellrecht: Entwürfe zum neuen Vertikal-Paket – Was sind die wesentlichen Änderungen und die Auswirkungen in der Praxis?

06. August 2021

Das Wichtigste in Kürze:

1. Nunmehr hat die Europäische Kommission die Entwürfe der neuen Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen („Vertikal-GVO“) und der diese begleitenden Vertikal-Leitlinien veröffentlicht. Die neuen Regelungen sollen zum 01.06.2022 in Kraft treten. Die Europäische Kommission ermöglicht es interessierten Kreisen, bis zum 17.09.2021 zu den Entwürfen Stellung zu nehmen. Hiervon sollten Unternehmen/Verbände Gebrauch machen, falls aus ihrer Sicht bestimmte Änderungen „in die falsche Richtung laufen“.

2. Das Grundkonzept der Vertikal-GVO mit der pauschalen Freistellung bei der Einhaltung bestimmter Voraussetzungen wird beibehalten. Auch die relevanten Marktanteilsschwellen als Begrenzung für den Anwendungsbereich der Vertikal-GVO bleiben unverändert bei 30% (sowohl für den Anbieter auf dem relevanten Verkaufsmarkt als auch für den Abnehmer auf dem relevanten Einkaufsmarkt).

3. Jedoch beinhalten die Entwürfe sehr praxisrelevante Änderungen, insb. eine Flexibilisierung und Aufwertung sowohl des Exklusiv- als auch des Selektivvertriebs, spezielle Beschränkungen des Anwendungsbereiches der Vertikal-GVO für die Online-Plattformwirtschaft, mehr Freiraum bei der Ausgestaltung der Geschäftsbeziehungen zwischen Herstellern und Händlern (insbesondere im Hinblick auf unterschiedliche Anforderungen an die Ausgestaltung des Vertriebs für den Online-Handel im Vergleich zum stationären Vertrieb), Flexibilisierungen beim Einsatz von Handelsvertretern und bei der Ausgestaltung von Wettbewerbsverboten sowie Klarstellungen zum Konzept des „aktiven“ und „passiven“ Vertriebs (insbesondere im Bereich E-Commerce).

4. Besonders relevant sind die in den Entwürfen enthaltenen Modifizierungen im Bereich des sog. zweigleisigen/dualen Vertriebs, d.h. in Situationen, in denen Anbieter und Abnehmer beim Handel mit den entsprechenden Waren/Dienstleistungen miteinander konkurrieren. Nunmehr können auch Großhändler und Importeure, die mit ihren Abnehmern auf der Einzelhandelsstufe konkurrieren, von der Freistellung profitieren. Zudem wird eine zusätzliche Marktanteilsschwelle, die sich auf den Einzelhandel bezieht, eingeführt. Diese soll insbesondere dafür maßgeblich sein, ob sich der Informationsaustausch zwischen Anbieter und Abnehmer im zweigleisigen Vertrieb nach den strengeren horizontalen Regeln bemisst oder ob dieser über die Regelungen der Vertikal-GVO pauschal freigestellt ist.

Inhaltsverzeichnis:

1. Mehr Freiräume bei der Ausgestaltung von Vertriebssystemen

2. Privilegierung für zweigleisigen Vertrieb bleibt bestehen – wird aber modifiziert

3. Digitale Plattformwirtschaft – Strengere Regeln, insbesondere für Hybrid-Plattformen und bei Paritätsklauseln

4. Möglichkeit der Einflussnahme auf Geschäftsaktivitäten von Handelspartnern

 5.Sonstige relevante Änderungen

1. Mehr Freiräume bei der Ausgestaltung von Vertriebssystemen

1.1. Was sind die geplanten Änderungen?

Die Europäische Kommission hat die Vertikal-GVO neu strukturiert und insbesondere die aus ihrer Sicht kartellrechtlich relevanten Systeme des Exklusivvertriebs und des Selektivvertriebs in den Vordergrund gerückt. Während diese unterschiedlichen Vertriebssysteme bislang nur in sehr begrenztem Umfang aufeinander abgestimmt werden konnten, erlauben die Entwürfe deutlich weitergehende Koordinierungen der Systeme, u.a. im Hinblick auf die Beschränkung der Geschäftsaktivitäten anderer Händler in dem Exklusiv- bzw. Selektivgebiet.

Für den Exklusivvertrieb sind folgende Modifizierungen hervorzuheben:

  • Während es bislang  für den Anbieter nur möglich ist, einen Exklusiv-/Alleinvertriebshändler pro Gebiet bzw. pro Kundengruppe auszuwählen, soll er zukünftig die Möglichkeit haben, eine begrenzte Zahl von Exklusiv/-Alleinvertriebshändlern pro Gebiet bzw. Kundengruppe einzusetzen („geteilter Exklusivvertrieb“). Die zulässige Anzahl soll von dem konkret zugewiesenen Gebiet bzw. der konkret zugewiesenen Kundengruppe, insbesondere im Hinblick auf ein ausreichendes Geschäftsvolumen für die Amortisation der durch den Vertriebspartner getätigten Investitionen, abhängig sein.
  • Zukünftig soll es auch möglich sein, dass der Exklusiv-/Alleinvertriebshändler die ihn betreffenden Beschränkungen (u.a. das Verbot des „aktiven“ Vertriebes in andere Exklusivgebiete bzw. an andere Exklusivkundengruppen) auch an seine Kunden weiterreicht. Bislang dürfen Verkäufe durch die Kunden von Exklusivhändlern nicht beschränkt werden.

Für den Selektivvertrieb sind folgende Modifizierungen/Erläuterungen hervorzuheben:

  • Die Europäische Kommission erläutert in den Entwürfen zu den Vertikal-Leitlinien dezidiert die unterschiedlichen Arten von selektiven Vertriebssystemen: Zum einen sind dies die Systeme, die aufgrund der besonderen Beschaffenheit der Produkte qualitative Selektionskriterien erfordern und daher schon gar keine Wettbewerbsbeschränkung beinhalten (sog. selektive Vertriebssysteme nach den Metro-Kriterien). Zum anderen sind dies sonstige selektive Vertriebssysteme, die von der Vertikal-GVO dann pauschal freigestellt werden, sofern der Anbieter die Vertragswaren bzw. Vertragsdienstleistungen nur an Händler liefert, die anhand festgelegter Selektionskriterien ausgewählt werden, und die Händler wiederum die Vertragswaren bzw. Vertragsdienstleistungen ausschließlich an autorisierte Händler und Endverbraucher verkaufen dürfen. Bei letzteren Systemen ist es unerheblich, ob die Selektionskriterien qualitativer, quantitativer oder gemischt qualitativ-quantitativer Natur sind.
    Beispiel: Der Anbieter von Waren setzt für sein selektives Vertriebssystem u.a. die beiden folgenden Kriterien fest: Es gibt eine Obergrenze von 50 Händlern, die Bestandteil des selektiven Vertriebssystems werden können. Zudem müssen sämtliche autorisierten Händler einen Mindestumsatz mit den Vertragswaren des Anbieters erwirtschaften.
    Während solche quantitativen Kriterien in einem selektiven Vertriebssystem nach den Metro-Kriterien mangels Erforderlichkeit zur Wahrung der Qualität bzw. zur Gewährleistung des richtigen Gebrauchs der besonders beschaffenen Produkte nicht zulässig wären, handelt es sich um zulässige Auswahlkriterien im Anwendungsbereich der Vertikal-GVO.
  • Zukünftig können die Vertriebspartner eines selektiven Vertriebsgebietes besser gegen (Grau-)Importe aus anderen Gebieten geschützt werden. Bislang gibt es die Möglichkeit, den „aktiven“ Vertrieb in bestimmte Gebiete bzw. an bestimmte Kundengruppen zu begrenzen, nur für den Exklusivvertrieb. Zukünftig darf ein Anbieter seine sonstigen Vertriebspartner (z.B. Exklusiv-/Alleinvertriebshändler oder Händler in „offenen“ Systemen) verpflichten, keine nicht autorisierten Händler in dem Gebiet, in dem der Anbieter ein selektives Vertriebssystem nutzt, zu beliefern – und zwar weder „aktiv“ noch „passiv“ (d.h. die Beschränkung kann auch unaufgeforderte Anfragen nicht autorisierter Händler umfassen). Die verpflichteten Handelspartner müssen aber weiterhin frei sein, autorisierte Händler in dem Gebiet, in dem das selektive Vertriebssystem genutzt wird, und Endverbraucher (anderenfalls läge auch ein Verstoß gegen die Regelungen der sog. Geoblocking-Verordnung vor) zu beliefern.
  • Korrespondierend zum Exklusivvertrieb ist es möglich, die Verkaufsbeschränkungen auch an die Kunden der verpflichteten Vertriebshändler weiterzureichen.
    Anmerkung: Unter bestimmten Voraussetzungen ist es der Europäischen Kommission und in besonderen Fällen auch den nationalen Kartellbehörden möglich, den Rechtsvorteil der Vertikal-GVO in Einzelfällen zu entziehen. Dies passiert dann, wenn zwar die Voraussetzungen der Vertikal-GVO vorliegen, jedoch die Einzelfallumstände nahelegen, dass konkrete Vereinbarungen/Abstimmungen zwischen Unternehmen zu wettbewerbsschädlichen Auswirkungen führen. Ein typischer Fall ist, dass eine grundsätzlich zulässige Vereinbarung/Abstimmung durch Netzwerkeffekte mehr als 50% des Marktes umfasst. Diese Möglichkeit des Entzugs des Rechtsvorteils spricht die Europäische Kommission u.a. explizit für selektive Vertriebssysteme an.

1.2. Was bedeutet das für die Praxis?

Die geplante Flexibilisierung bei den Vertriebssystemen ist zu begrüßen. Sowohl der Exklusivvertrieb als auch der Selektivvertrieb gewinnen hierdurch an Attraktivität. Zukünftig muss sich ein Anbieter von Waren/Dienstleistungen nicht mehr auf einen Exklusiv-/ Alleinvertriebshändler pro Gebiet/Kundengruppe festlegen, sondern kann die Last auf mehrere Schultern verteilen, ohne die mit dem Exklusivvertrieb einhergehenden Privilegien (insb. das Verbot für sonstige Vertriebspartner, in das entsprechende Gebiet/an die entsprechende Kundengruppe „aktiv“ heranzutreten) aufgeben zu müssen.

Beim Selektivvertrieb besteht bislang häufig die Problematik, dass die entsprechenden Waren aus anderen Gebieten per (Grau-)Import in das Gebiet des Selektivvertriebs gelangen. Dies kann zur Folge haben, dass sich die produktspezifischen Investitionen, die die Händler aufgrund der (qualitativen) Selektionskriterien tätigen müssen, nicht amortisieren. Zukünftig soll es möglich sein, andere Händler, die jenseits des Gebietes des Selektivvertriebs agieren, zu verpflichten, die Vertragsprodukte weder „aktiv“ noch „passiv“ an nicht autorisierte Händler in dem Gebiet des Selektivvertriebs zu liefern. Händler eines selektiven Vertriebssystems können daher umfassend vor konkurrierenden Geschäftsaktivitäten nicht autorisierter Händler mit den Vertragsprodukten geschützt werden. Dieses neue Schutzgefüge wird dadurch abgerundet, dass nicht nur die unmittelbaren Vertragspartner des Anbieters zum Schutz der Exklusiv- und Selektivgebiete verpflichtet werden können, sondern zusätzlich auch deren Abnehmer.

Wurden bisher Pläne zur Ausgestaltung von Exklusiv- und/oder Selektivvertrieb aufgrund des damit verbundenen Aufwands und des vermeintlich begrenzten Nutzens nicht weiterverfolgt, so sollte dies aufgrund der Flexibilisierung dieser Vertriebssysteme noch einmal überdacht werden. Der große Vorteil im Vergleich zu „offenen“ Systemen liegt darin, dass die ausgewählten Vertriebspartner besser vor „Trittbrettfahrern“ und (Grau-)Importen geschützt werden können und damit auch die Vertriebspartner eher geneigt sein werden, vertragsspezifische Investitionen zu tätigen, die der Qualität des Vertriebs der Vertragsprodukte zugute kommen.

2. Privilegierung für zweigleisigen Vertrieb bleibt bestehen – wird aber modifiziert

2.1. Was sind die geplanten Änderungen?

Das bislang bestehende Grundkonzept der Privilegierung des zweigleisigen Vertriebs bleibt bestehen. Das bedeutet, dass auch Lieferbeziehungen, bei denen der Anbieter und der Abnehmer der Waren/Dienstleistungen auf der Einzelhandelsstufe („Retail“) miteinander konkurrieren, von der Privilegierung durch die Vertikal-GVO profitieren können. Jedoch gibt es einige grundlegende Änderungen/Klarstellungen, die von besonderer Praxisrelevanz sind:

  • Zum einen wird der Anwendungsbereich des zweigleisigen Vertriebs ausgeweitet. Derzeit gilt die Privilegierung beim Vertrieb von Waren (bei Dienstleistungen hat es insoweit keine Änderungen gegeben) ausschließlich für die Herstellerebene. Zukünftig können auch Großhändler und Importeure von der Privilegierung profitieren – vorausgesetzt es besteht ausschließlich eine Konkurrenzsituation zu dem Abnehmer auf der Einzelhandelsebene (und gerade nicht auf der Großhandelsebene oder beim Import von Waren).
  • Speziell für den zweigleisigen Vertrieb wird eine zusätzliche Marktanteilsschwelle eingeführt. Während die allgemeine Marktanteilsschwelle von 30 % (die weiterhin für die Einschätzung maßgeblich ist, ob die Vertikal-GVO überhaupt greift) auf die relevanten Verkaufs- und Einkaufsmärkte der konkreten Zulieferbeziehung zwischen Anbieter und Abnehmer abstellt, betrifft die zusätzliche Marktanteilsschwelle den gemeinsamen Marktanteil des Anbieters und des Abnehmers auf dem relevanten Einzelhandelsmarkt. Das geplante Prüfschema ist dann wie folgt ausgestaltet:
    • Liegen die gemeinsamen Marktanteile von Anbieter und Abnehmer auf dem relevanten Einzelhandelsmarkt oberhalb von 30%, so ist der zweigleisige Vertrieb generell nicht über die Vertikal-GVO privilegiert (unabhängig davon, ob die allgemeine Marktanteilsschwelle eingehalten ist). Es sind dann generell die (strengeren) Regeln für horizontale Wettbewerbsbeschränkungen zu prüfen.
    • Liegt der gemeinsame Marktanteil von Anbieter und Abnehmer auf dem relevanten Einzelhandelsmarkt oberhalb von 10%, jedoch nicht oberhalb von 30%, so greift grundsätzlich die Privilegierung der Vertikal-GVO mit der einzigen Ausnahme, dass der Informationsaustausch zwischen Anbieter und Abnehmer nicht pauschal freigestellt ist, sondern anhand der (strengeren) Regeln für horizontale Wettbewerbsbeschränkungen zu prüfen ist.
    • Liegt der gemeinsame Marktanteil von Anbieter und Abnehmer auf dem relevanten Einzelhandelsmarkt nicht oberhalb von 10%, so gilt die umfassende Privilegierung der Vertikal-GVO – und zwar auch für den Informationsaustausch zwischen Anbieter und Abnehmer.
    • Bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen, d.h. solche Vereinbarungen/Abstimmungen, die aus sich selbst heraus eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lassen, profitieren (wie gehabt) unabhängig von den Marktanteilen auf dem relevanten Einzelhandelsmarkt nicht von einer Freistellung durch die Vertikal-GVO.

2.2. Was bedeutet das für die Praxis?

In ersten Kommentaren zu den Entwürfen heißt es häufig, dass die Anforderungen an den zweigleisigen Vertrieb deutlich angehoben werden. Dies ist jedoch nur bedingt der Fall. Zukünftig müssen Anbieter und Abnehmer zwar eine zusätzliche Marktanteilsbetrachtung vornehmen, jedoch liegt die maßgebliche Schwelle für die Privilegierung des zweigleisigen Vertriebs auch für die neue Marktanteilsschwelle auf dem Einzelhandelsmarkt bei 30%. Für den Großteil der Konstellationen im zweigleisigen Vertrieb wird sich daher wenig ändern – sofern die beiden Marktanteilsschwellen von 30% nicht überschritten werden, sind die gängigen Beschränkungen im zweigleisigen Vertrieb (z.B. Etablierung von selektiven Vertriebssystemen, Alleinbelieferung/Alleinbezug, Exklusivvertrieb, Wettbewerbsverbote) unter den bisherigen Voraussetzungen weiterhin freigestellt.

Allein im Hinblick auf den Informationsaustausch zwischen Anbieter und Abnehmer gilt die verschärfte Marktanteilsschwelle von 10% auf dem relevanten Einzelhandelsmarkt. Wird diese nicht überschritten, so haben die Vertragspartner Gewissheit, dass der Informationsaustausch pauschal über die Vertikal-GVO freigestellt ist, sofern der Informationsaustausch nicht zu einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung führt – was z.B. der Fall wäre, wenn der Informationsaustausch zu einer Einflussnahme auf die Weiterverkaufspreise oder zu einer Anpassung der Verkaufspreise zwischen Anbieter und Abnehmer dienen soll. Um dem Eindruck bezweckter Wettbewerbsbeschränkungen von vorneherein entgegenzutreten, kann es durchaus sinnvoll sein, bestimmte Vorkehrungen bzw. Absicherungsmaßnahmen (z.B. besondere Vertraulichkeitsregelungen) zu treffen.

Liegt der gemeinsame Marktanteil höher, so heißt dies nicht zwangsläufig, dass jeglicher Informationsaustausch verboten ist. Vielmehr sind die (strengeren) Regeln für horizontale Vereinbarungen anzuwenden. Dies ist aber nicht unbedingt eine Verschärfung – denn bislang war unklar, ob sich der Informationsaustausch im zweigleisigen Vertrieb nach den vertikalen oder aufgrund der Konkurrenzsituation im Handel nach den horizontalen Regelungen bemisst. Zukünftig herrscht jedenfalls Gewissheit, wie das Prüfschema im Rahmen des zweigleisigen Vertriebs anzuwenden ist.

Auffällig ist, dass die neu eingefügte Marktanteilsschwelle von 10% auf dem relevanten Einzelhandelsmarkt in eckige Klammern gesetzt wurde. Ob dies als Zeichen der Europäischen Kommission zu werten ist, dass über die Höhe der Marktanteilsschwelle noch keine finale Entscheidung getroffen wurde, bleibt abzuwarten. Da der Informationsaustausch zwischen Hersteller- und Handelsseite auch im Falle von Konkurrenzsituationen auf dem Einzelhandelsmarkt häufig wettbewerbsfördernd ist und hiervon durchaus auch die Verbraucher, z.B. durch besseren Zuschnitt auf die Bedürfnisse, profitieren, könnte dies ein Ansatzpunkt für eine Stellungnahme im Rahmen der Konsultation sein. Eine moderate Aufstockung der Marktanteilsschwelle dürfte sich in vielen Konstellationen als nicht wettbewerbsschädlich auswirken – insbesondere vor dem Hintergrund, dass bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen per se von einer Privilegierung ausgeschlossen sind.

3. Digitale Plattformwirtschaft – Strengere Regeln, insbesondere für Hybrid-Plattformen und bei Paritätsklauseln

3.1. Was sind die geplanten Änderungen?

Korrespondierend zu sonstigen Gesetzgebungs-/Regulierungsvorhaben der nationalen und europäischen Institutionen soll die digitale Plattformwirtschaft strengeren Regeln unterworfen werden. Um dies zu erreichen, sind u.a. folgende Änderungen geplant:

  • Plattformen, die Geschäfte Dritter vermitteln (Amazon als klassisches Beispiel), werden als Anbieter von Dienstleistungen (nämlich der Vermittlungstätigkeiten) eingestuft. Bislang war umstritten, ob solche Plattformen unter Umständen als Handelsvertreter eingeordnet werden könnten. Insoweit greift das sog. Handelsvertreterprivileg, das ein weitgehendes Zusammenwirken zwischen dem Auftraggeber und dem Handelsvertreter auch im Hinblick auf Verkaufspreise, Kunden und Gebiete zulässt, für die Plattformwirtschaft nicht.
  • Ungleich schwerer  für die Plattformwirtschaft wiegt, dass generell die Privilegierung für den zweigleisigen Vertrieb für sog. Hybrid-Plattformen, die auf der einen Seite die Vermittlungstätigkeiten erbringen (d.h. sie stellen die Plattformen Dritten für die Abwicklung von Transaktionen zur Verfügung) und zugleich Waren oder Dienstleistungen in Konkurrenz zu den Kunden der Vermittlungstätigkeiten anbieten, nicht greift. Dies führt dazu, dass Hybrid-Plattformen bei Konkurrenzsituationen mit ihren Kunden unabhängig von den Marktanteilen nicht auf die Privilegierung durch die Vertikal-GVO zurückgreifen können. Praktisch bedeutet das, dass sich jegliche Beschränkungen, die die  wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Kunden einschränken (z.B. Exklusivitäten, Wettbewerbsverbote, Paritätsklauseln, aber auch Informationsaustausch), anhand der (strengeren) Regelungen für horizontale Vereinbarungen messen lassen müssen.
  • Nicht mehr freigestellt über die Vertikal-GVO werden zukünftig von Online-Plattformen verwendete sog. weite Paritätsklauseln. Solche Klauseln verpflichten Unternehmen, die ihre Waren oder Dienstleistungen über die Plattform an Endverbraucher verkaufen, diese nicht zu günstigeren Konditionen auf konkurrierenden Online-Plattformen anzubieten. Weiterhin freigestellt über die Vertikal-GVO sind jedoch sog. enge Paritätsklauseln, die beispielsweise Verpflichtungen betreffen, die betreffenden Waren/Dienstleistungen über den eigenen Webshop nicht günstiger anzubieten.

3.2. Was bedeutet das für die Praxis?

Die geplanten Änderungen zur Plattformwirtschaft dienen zum einen dazu, Klarheit zu schaffen, wie digitale Plattformen in das System der Vertikal-GVO einzubetten sind, und zum anderen dazu, dem Ausbau der Marktmarkt durch dominierende Plattformen Einhalt zu gebieten. Insofern finden die Bestrebungen der Europäischen Kommission, die sich bereits in der sog. „Platform-to-Business“-Verordnung oder in den Entwürfen zum Digital Markets Act und Digital Services Act wiederfinden, auch in den Entwürfen zur Vertikal-GVO und zu den Vertikal-Leitlinien Niederschlag. Insbesondere die Begrenzung der Privilegierung von Paritätsklauseln dient offensichtlich dazu, den Wettbewerb zwischen den Plattformen um die besten Konditionen zu entfachen.

4. Möglichkeit der Einflussnahme auf Geschäftsaktivitäten von Handelspartnern

4.1. Was sind die geplanten Änderungen?

Im Großen und Ganzen verbleibt es im Hinblick auf die Einflussnahme der Ausgestaltung der Vertriebsaktivitäten von Handelspartnern bei den bereits in der derzeitigen Fassung der Vertikal-GVO und der Vertikal-Leitlinien enthaltenen Regelungen. In einzelnen Bereichen plant die Europäische Kommission jedoch Flexibilisierungen, die der Anbieterseite mehr Spielraum verschaffen. Zudem werden insb. in den Vertikal-Leitlinien einzelne Themenbereiche konkretisiert, bei denen es in der jüngsten Zeit zu kontroversen Diskussionen gekommen ist. Die wesentlichen Regelungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • An dem Grundkonzept des Verbots der Einflussnahme auf die Weiterverkaufspreise (sog. Preisbindung der zweiten Hand) wird nicht gerüttelt, auch wenn sich viele Diskussionen im Vorfeld um dieses Thema rankten. Auch wenn die Europäische Kommission – wie bislang schon – in Sonderkonstellationen (insbesondere bei der Markteinführung besonders komplexer Produkte) eine (zeitlich begrenzte) Einflussnahmemöglichkeit auf die Weiterverkaufspreise der Vertriebspartner für denkbar erachtet, handelt es sich um eng begrenzte Einzelfälle, bei denen wiederum die Unternehmen die wettbewerbsfördernden Elemente der Einflussnahme darlegen müssen. Die Europäische Kommission stellt überdies klar, dass das Monitoring von Verkaufspreisen (insbesondere durch Einsatz einer Preisüberwachungssoftware) an sich, d.h. ohne weitere begleitenden Maßnahmen (z.B. Thematisierung des Preisniveaus mit dem jeweiligen Handelspartner), keine Preisbindung der zweiten Hand darstellt.
  • Die Europäische Kommission stellt klar, dass es Anbietern unabhängig von dem zugrunde liegenden Vertriebssystem (sei es Exklusivvertrieb, Selektivvertrieb oder „offener“ Vertrieb) möglich ist, bestimmte Anforderungen an die Vertriebspartner an die Ausgestaltung des Vertriebs beim Verkauf der Vertragswaren zu stellen (z.B. Schulung des Verkaufspersonals, Services im stationären Geschäft und im Webshop, Vorhaltung eines bestimmten Sortiments), insbesondere um ein gewisses Maß an Gleichmäßigkeit und Qualität beim Vertrieb der Vertragsprodukte sicherzustellen. Dies gilt sowohl für den Online-Handel als auch für den Vertrieb über stationäre Geschäfte. Die Anforderungen dürfen aber weder direkt noch indirekt zu einer Verhinderung der wirksamen Nutzung des Internets für den Online-Handel oder der wirksamen Nutzung bestimmter Online-Werbekanäle führen. Anderenfalls handelt es sich um Kernbeschränkungen, die gerade nicht von der Vertikal-GVO freigestellt werden.
    Anmerkung: Besonders häufig nimmt die Europäische Kommission Bezug auf sog. „Brick-and-Mortar“-Klauseln, wonach ein Vertriebspartner verpflichtet wird, zumindest ein stationäres Geschäft zu betreiben. An einzelnen Stellen führt die Europäische Kommission aus, dass solche Klauseln generell im Anwendungsbereich der Vertikal-GVO freigestellt sind. An anderen Stellen wiederum heißt es, dass solche Klauseln den Online-Handel zu weitgehend beschränken könnten, da sie bestimmte Vertriebsformate insbesondere im Bereich E-Commerce ausschließen. Bei der Verwendung solcher Klauseln in den Vertriebsverträgen ist zukünftig besondere Vorsicht geboten.
  • Im Hinblick auf Drittplattformverbote (d.h. die Beschränkung des Vertriebspartners, über Drittplattformen generell oder über einzelne Plattformen zu vertreiben) konkretisiert die Europäische Kommission ihre bereits im Anschluss an die Coty-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vertretene Rechtsauffassung. Danach sollen sowohl pauschale Drittplattformverbote als auch qualitative Anforderungen an Drittplattformen im Anwendungsbereich der Vertikal-GVO pauschal freigestellt sein, sofern diese nicht mit weiteren Beschränkungen des Online-Handels einhergehen. Beispielsweise soll es sich bei Beschränkungen der Nutzung von Preisvergleichs-/Suchmaschinen oder der Nutzung von AdWords um Kernbeschränkungen handeln, die gerade nicht von der Vertikal-GVO freigestellt werden. Die Differenzierung besteht nach Auffassung der Europäischen Kommission darin, dass (a) Drittplattformverbote nur einen von potentiell zahlreichen Vertriebskanälen betreffen (insb. begrenzen Drittplattformverbote nicht die Verkäufe in bestimmte Gebiete oder an bestimmte Kundengruppen), (b) hierdurch die Online-Werbemöglichkeiten unberührt bleiben und (c) auch ohne eine Nutzung von Drittplattformen eine angemessene Reichweite beispielsweise für den eigenen Webshop über Preisvergleichs-/Suchmaschinen oder die Nutzung von AdWords erreicht werden kann. Die Beschränkung der Nutzung von Drittplattformen soll generell für sämtliche Vertriebssysteme –d.h. nicht nur für selektive Vertriebssysteme – freigestellt sein.
  • Unabhängig hiervon sind Drittplattformverbote im Rahmen von qualitativen selektiven Vertriebssystemen nach den Metro-Kriterien, die für die Wahrung der Qualität der betreffenden Produkte erforderlich sind, entsprechend der Coty-Entscheidung erst recht zulässig (sie stellen schon keine Wettbewerbsbeschränkung dar und bedürfen daher erst gar nicht der Rechtfertigung durch die Vertikal-GVO). Das „Erforderlichkeits“-Kriterium sollen Drittplattformverbote in solchen Systemen aber gerade dann nicht erfüllen, wenn eine Drittplattform selber als autorisierter Handelspartner aufgenommen wurde und/oder der Anbieter Direktvertrieb über solche Drittplattformen betreibt.
  • Besonders interessant sind die Änderungen im Zusammenhang mit sog. Doppelpreissystemen („Dual Pricing“). Dies betrifft Konstellationen, in denen der Anbieter Vertriebspartnern, die sowohl Online-Handel betreiben, als auch stationäre Verkaufsstätten unterhalten, unterschiedliche Konditionen gewährt, je nachdem ob die Waren über den Online-Handel
    oder über das stationäre Geschäft abgesetzt werden. Bislang sah die Europäische Kommission  solche Verhaltensweisen als Kernbeschränkungen an, die von der Vertikal-GVO nicht freigestellt waren und durchaus zu relevanten Bußgeldern führen konnten. Zukünftig erlaubt die Europäische Kommission eine Differenzierung bei den Konditionen, wenn dies einen Anreiz oder eine Belohnung für ein angemessenes Investitionsvolumen darstellt und im Verhältnis zu den Kosten des jeweiligen Vertriebskanals steht. Aber auch hier gilt wieder die Einschränkung, dass diese Konditionenspaltung nicht dazu führen darf, dass direkt oder indirekt die Nutzung des Internets für Online-Verkäufe verhindert wird.
  • Zudem plant die Europäische Kommission, das bisher geltende strenge Äquivalenzerfordernis aufzugeben. Dieses fordert, dass die Anforderungen an den Online-Vertrieb „gleichwertig“ zu den entsprechenden Anforderungen an den stationären Vertrieb sein müssen. Letztendlich dürfen die Kriterien für den Online-Vertrieb derzeit nicht strenger ausgestaltet werden. Dies stellt Unternehmen vor das Problem, bei völlig unterschiedlichen Vertriebskanälen „gleichwertige“ Anforderungen aufzustellen. Zukünftig dürfen sich die Besonderheiten der unterschiedlichen Vertriebskanäle bei den Anforderungen/Kriterien widerspiegeln.
    Beispiel: Nunmehr kann ein Anbieter besondere Qualitätsstandards für „After-Sales Services“ (z.B. im Hinblick auf die Vorhaltung eines „Help Desk“) oder besondere Anforderungen an sichere Zahlungssysteme speziell für den Online-Handel vorgeben.
  • Die Entwürfe der Vertikal-Leitlinien enthalten besonders praxisrelevante Erläuterungen zur Abgrenzung des „aktiven“ vom „passiven“ Vertrieb. Die Differenzierung ist u.a. wichtig, da der „aktive“ Vertrieb beim Exklusivvertrieb weitgehend beschränkt werden darf, der „passive“ Vertrieb jedoch nur in besonderen Ausnahmekonstellationen. Die Europäische Kommission stellt klar, dass beispielsweise das Betreiben einer Internet-Domain, die speziell auf ein gewisses Land ausgerichtet ist, ebenso eine Form des „aktiven“ Vertriebs darstellt wie die Vorhaltung bestimmter Sprachversionen. Hingegen soll die Nutzung von generischen, nicht-länderspezifischen Webseiten (z.B. Preisvergleichs-/Suchmaschinen mit der Domain „.com“ oder „.org“) eine Form des „passiven“ Vertriebs sein. Gleiches gilt für die Bewerbung um Aufträge im Rahmen von Ausschreibungen – unabhängig davon, ob diese durch öffentliche Auftraggeber oder durch die Privatwirtschaft erfolgen.
    Beispiel: Ein Anbieter arbeitet für das Gebiet Polen mit zwei Exklusivhändlern und in Irland mit einem Exklusivhändler zusammen. Den übrigen, in der EU agierenden Vertriebshändlern untersagt der Anbieter, „aktiven“ Vertrieb in Polen und in Irland durchzuführen.
    Betreibt ein in Deutschland ansässiger Vertriebshändler eine Domain mit der Endung „.pl“ und/oder bietet eine polnische Sprachfassung in seinem Webshop an, so könnte ihm dies der Anbieter untersagen. Gleiches gilt, falls der Vertriebshändler die länderspezifische Domain „.ie“, die speziell auf irische Kunden abzielt, einsetzt. Hingegen ist das Vorhalten einer englischen Sprachversion als „passiver“ Vertrieb einzuordnen, da englische Sprachversionen mittlerweile Standard und gerade kein Ausdruck einer zielgerichteten Akquise von Kunden in Irland sind.

4.2. Was bedeutet das für die Praxis?

Die geplanten Änderungen sowie die geplanten Erläuterungen in den Vertikal-Leitlinien geben der Anbieterseite mehr Flexibilität bei der Ausgestaltung der Vertriebssysteme. Insbesondere die Lockerungen des Verbots der Nutzung von Doppelpreissystemen sowie des strikten Äquivalenzprinzips sind zu begrüßen.

Die Erläuterungen in den Vertikal-Leitlinien geben den Unternehmen überdies hilfreiche Orientierung im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den Handelspartnern bei der Ausgestaltung des Vertriebs. Auch wenn die Erläuterungen in den Vertikal-Leitlinien keine bindende Wirkung für Gerichte und nationale Kartellbehörden haben, so werden die Vertikal-Leitlinien doch in der Praxis als „Standard“ angesehen, von denen andere Institutionen nur in Ausnahmefällen abweichen. Insoweit sind u.a. die Konkretisierungen zu Drittplattformverboten und zur Ausgestaltung der qualitativen Kriterien durchaus hilfreich und schaffen mehr Rechtssicherheit, insbesondere im Hinblick auf das zulässige Maß bei Vorkehrungen zum Schutz des Markenimages.

Im Hinblick auf das Thema Preisbindung der zweiten Hand hätten sich insbesondere die Markenhersteller bestimmt eine weitergehende Flexibilisierung gewünscht. Hier bleibt weitestgehend alles „beim Alten“, sodass weiterhin der Grundsatz gilt: Eine Einflussnahme auf die Weiterverkaufspreise der Vertriebspartner ist grundsätzlich verboten und birgt ein erhebliches Bußgeldrisiko.

5. Sonstige relevante Änderungen

5.1. Was sind die geplanten Änderungen?

Daneben enthalten die Entwürfe eine Reihe weiterer Änderungen. Eine abschließende Auflistung ist hier nicht möglich. Besonders erwähnenswert sind jedoch noch folgende Aspekte:

  • Die Europäische Kommission flexibilisiert den Einsatz von Handelsvertretern im Hinblick auf konkurrierende Eigenhändleraktivitäten des Handelsvertreters. Bislang gilt der Grundsatz, dass eine Kombination aus Handelsvertreter- und Eigenhändleraktivitäten auf demselben relevanten Markt (d.h. der Handelsvertreter vertreibt konkurrierende Produkte als unabhängiger Vertriebshändler) das Handelsvertreterprivileg ausschließt. In diesen Fällen ist dem Auftraggeber die Möglichkeit genommen, dem Handelsvertreter Vorgaben im Hinblick auf seine Vertriebsaktivitäten mit den Vertragsprodukten (insb. im Hinblick auf Preis, Kunden und Gebiete) zu machen. Zukünftig soll eine solche Kombination aus Handelsvertreter- und Eigenhändleraktivitäten auf demselben relevanten Markt in Ausnahmefällen dann möglich sein, wenn (a) die unterschiedlichen Produkte aufgrund zusätzlicher Funktionalitäten  oder Merkmale voneinander abgegrenzt werden können, (b) auf den Vertriebsmittler kein Zwang ausgeübt wurde, in das Handelsvertreterverhältnis einzusteigen, und (c) – wie bisher – sämtliche wirtschaftlichen Risiken im Zusammenhang mit den Handelsvertretertätigkeiten durch den Auftraggeber abgedeckt werden.
  • Auch im Hinblick auf das Thema Wettbewerbsverbote kommt die Europäische Kommission den Unternehmen durch eine Entbürokratisierung entgegen. Bislang gelten Wettbewerbsverbote, die zwar eine grundsätzlich zulässige Maximaldauer von 5 Jahren aufweisen, sich jedoch automatisch verlängern, sofern keine Vertragspartei den Vertrag gekündigt hat, als unbefristete Wettbewerbsverbote und sind damit nicht von der Vertikal-GVO freigestellt. Zukünftig wird dies abgeändert, sodass eine automatische Verlängerung der Freistellung durch die Vertikal-GVO nicht im Wege steht, sofern die Vertragspartner die Möglichkeit haben, den Vertrag im angemessenen Rahmen (im Hinblick auf Kündigungsfrist und Kosten) zu beenden.

5.2. Was bedeutet das für die Praxis?

In beiden Konstellationen werden Unternehmen mehr Freiräume zur Verfügung gestellt. Die Anforderungen im Falle der Kombination von Handelsvertreter- und Eigenhändleraktivitäten sind jedoch hoch. Insbesondere die Übernahme sämtlicher Kosten des Auftraggebers für die Handelsvertretertätigkeiten des Vertriebsmittlers in Abgrenzung zum eigenen wirtschaftlichen Risiko des Vertriebsmittlers bei Eigenhändleraktivitäten wird schwierig zu handhaben sein. Von daher bleibt abzuwarten, ob die von der Europäischen Kommission geplanten Lockerungen den „Praxistauglichkeitstest“ bestehen. Jedenfalls werden die potenziellen Anwendungsfälle wahrscheinlich eher überschaubar bleiben.

Die Freistellung im Falle automatischer Verlängerungen von Wettbewerbsverboten ist uneingeschränkt zu begrüßen. In praktischer Hinsicht ist nicht einzusehen, warum eine automatische Verlängerung des Wettbewerbsverbotes bei uneingeschränkter Kündigungsmöglichkeit anders bewertet werden sollte als ein Auslaufen des Wettbewerbsverbotes mit der Möglichkeit, dieses nach Ablauf des festgelegten Zeitfensters neu zu vereinbaren.

Bei Rückfragen steht Ihnen unsere Praxisgruppe † Kartell- und EU-Recht gerne zur Verfügung

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Jennifer Wagener
Jennifer Wagener

Head of Marketing, Business Development & Communications

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