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Referentenentwurf EEG 2021: Die Neuregelungen für die Windenergie

08. September 2020

Anfang September wurde der Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zur Änderung des EEG („EEG 2021“) veröffentlicht. Der Entwurf soll voraussichtlich am 23.09.2020 im Kabinett behandelt werden. Nachstehend fassen wir die wichtigsten Inhalte zur Windenergie an Land zusammen:

1. Ausschreibungsvolumen

Die installierte Leistung von Windenergieanlagen an Land soll bis 2030 auf 71 GW steigen (§ 4 Nr. 1 EEG 2021). Der Entwurf sieht einen Pfad für die Ausschreibungsvolumen bis 2028 vor. Dabei werden die für 2021 bereits vorgesehenen Sonderausschreibungen integriert. Folgende jährliche Mengen sind vorgesehen:

2021 - 4.500 MW
2022 - 2.900 MW
2023 - 3.000 MW
2024 - 3.100 MW
2025 - 3.200 MW
2026 - 4.000 MW
2027 - 4.800 MW
2028 - 5.800 MW

Hinzu kommen jeweils die nicht bezuschlagten Mengen des dritten vorangegangenen Kalenderjahres. Für die Jahre 2021 bis 2023 werden sich die Mengen aufgrund der Unterzeichnungen in den vergangenen Ausschreibungsrunden also erhöhen. Da aufgrund der nach wie vor verhaltenen Entwicklung der Genehmigungszahlen zu erwarten ist, dass die Mengen für 2021 nicht ausgeschöpft werden, dürfte auch für 2024 ein Übertrag anstehen. Abgezogen werden wiederum die installierte Leistung aus Ausschreibungen außerhalb Deutschlands für Windenergieanlagen im Bundesgebiet und aus Pilotwindenergieanlagen. Entfallen sollen künftig die gemeinsamen Ausschreibungen für Wind und Solar.

Der Entwurf orientiert sich damit zunächst an der derzeitigen Situation, in dem der Ausbau der Windenergie vor allem durch eine zu geringe Anzahl an Genehmigungen begrenzt wird, und sieht dann einen stärkeren Zuwachs ab dem Jahr 2026 vor. Insgesamt wird der Branche damit ein verlässlicher Ausbaupfad vorgestellt, wobei die dem Ausbaupfad zugrundeliegenden Annahmen zum Stromverbrauch bis 2030 streitbar sind.

Um die Verwaltung der Bundesnetzagentur zu entlasten, gibt es künftig nur noch drei Ausschreibungstermine (1. Februar, 1. Mai und 1. September).

2. Höchstwert

Der Höchstwert der Gebote im Ausschreibungsverfahren wird für 2021 auf 6,2 Cent festgesetzt (§ 36 b EEG 2021). Der Höchstwert sinkt ab dem 01.01.2022 um 2 % pro Jahr gegenüber dem jeweils vorangegangenen Kalenderjahr. Die Degressionsregelung soll den zu erwartenden Kostensenkungspotentialen entsprechen und den Akteuren Planungssicherheit gegeben. Es bleibt allerdings eine Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur nach § 85a EEG 2021, die auch abweichende Höchstwerte festsetzen kann, wenn die gesetzlichen Höchstwerte nicht mehr dem Förderbedarf entsprechen.

3. Ende des Netzausbaugebiets; Südquote

Die Zuschlagsbeschränkungen für das Netzausbaugebiet entfallen vollständig. Das Netzausbaugebiet konnte seine beabsichtigte Wirkung nicht erreichen, weil die zuschlagsfähige Menge aufgrund des zu geringen Anteils an Projekten überwiegend nicht erreicht wurde.

Die Steuerungsaufgabe des Netzausbaugebiets soll nun durch eine „Südquote“ übernommen werden. Zur Gewährleistung einer regionalen Verteilung sollen künftig zunächst 15 % der Ausschreibungsmengen auf südliche Landkreise verteilt werden. Die in Anlage 5 des Entwurfs genannten Landkreise liegen in Bayern bis zur Höhe der Mainlinie, Baden-Württemberg, Saarland sowie den südlichen Teilen von Rheinland-Pfalz und Hessen. Die Quote erhöht sich ab dem Jahr 2024 auf 20 %. Im Rahmen des Zuschlagsverfahrens werden zunächst 15 bzw. 20 % des Ausschreibungsvolumens an Projekte in der Südregion vergeben. Weitere Projekte aus der Südregion müssen sich dann bei den allgemeinen bundesweiten Ausschreibungsmengen einreihen.

4. Verlängerung des Zuschlags

Abweichend von der bisherigen Regelung kann die Verlängerung eines Zuschlags für ein beklagtes Projekt künftig mehrfach beantragt werden. Im Gegenzug soll der Verlängerungszeitraum 18 Monate nicht überschreiten. Die Regelung ist praxisgerecht, da zum Zeitpunkt einer Verlängerung in der Regel nicht ersichtlich ist, wann das Realisierungshindernis entfallen wird.

Als weiteren Grund für eine Verlängerung der Realisierungsfrist sieht der Gesetzgeber nun die Insolvenz eines Anlagenherstellers oder sonstigen Herstellers wesentlicher Bestandteile der Windenergieanlage vor.

5. Änderungsgenehmigungen und Neugenehmigungen

Bisher war in § 36f EEG 2017 vorgesehen, dass sich ein Zuschlag für eine genehmigte Windenergieanlage auch auf eine Änderungsgenehmigung für diese Windenergieanlage bezieht. Anders war dies aber, wenn statt einer Änderung eine Neugenehmigung für den gleichen Standort erteilt wurde. Nach überwiegender Ansicht ist der Zuschlag dann verfallen. Diesen Missstand will der Gesetzgeber nun beseitigen, § 36f soll sich entsprechend auch auf Neugenehmigungen beziehen. Auch diese Regelung ist praxisgerecht, da die Frage, welche Änderungen an einer Anlage im Wege einer Änderungsgenehmigung vorgenommen werden können, und wann eine Neugenehmigung erforderlich ist, in den Bundesländern nicht einheitlich gehandhabt wird. Ferner kann der Zuschlag so auf Genehmigungen bezogen werden, die anstelle einer vormaligen formell unwirksamen Genehmigung erteilt werden.

6. Referenzertragsmodell

Das Referenzertragsmodell des § 36h EEG 2017 wird zu Gunsten der windschwächeren Standorte erweitert. Das Modell endet derzeit bei Standortgüten von 70 % (Korrekturfaktor 1,29). Bei schwächeren Standorten wird der Zuschlagswert ebenfalls nur mit dem Faktor 1,29 angepasst. Künftig soll es für Standortgüten von 60 % einen Korrekturfaktor von 1,35 vorsehen. Die Veränderung verbessert die Wettbewerbschancen für weniger windstarke Standorte und ermöglicht dadurch, weitere Standorte zu erschließen. Dies erhöht damit insgesamt die Wettbewerbsintensität in den Ausschreibungen. Der Gesetzgeber geht allerdings davon aus, dass die Einführung des neuen Korrekturfaktors in Höhe von 1,35 die geringeren Stromerträge nur zum Teil aufwiegt, so dass sich bei einer starken Überzeichnung der Ausschreibungen windstärkere Standorte im Regelfall durchsetzen müssten

7. Zusatzgebote zu bereits bezuschlagten Anlagen

Neu ist die Regelung, für bereits bezuschlagte Windenergieanlagen Zusatzgebote abzugeben, wenn die installierte Leistung der Anlagen um mehr als 15 % erhöht werden soll. Dies gibt den Betreibern die Möglichkeit, auch nach Zuschlagserteilung noch auf leistungsstärkere Anlagen umzusteigen und die Leistungserhöhung durch einen erneuten Zuschlag absichern zu lassen. Der Vergütungszeitraum für das Zusatzgebot entspricht dem des ursprünglichen Gebotes.

8. Finanzielle Beteiligung der Kommunen

Das Gesetz sieht nun erstmals eine verpflichtende finanzielle Beteiligung der Kommunen an Windenergieanlagen vor. Nach § 36k des Entwurfs müssen die Betreiber von bezuschlagten Windenergieanlagen für die Dauer der Förderung 0,2 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge an die Standortgemeinden abführen. Grundlage der Zahlung soll ein Zuwendungsvertrag ohne Gegenleistung sein, den der Betreiber der Gemeinde spätestens mit Inbetriebnahme anbieten muss. Die Zahlungen sollen zum 1. Februar des Folgejahres erfolgen. Ein Verstoß gegen die Regelung führt zu einer um 0,25 Cent/kWh reduzierten Auszahlung der Marktprämie (§ 51 Abs. 3a EEG 2021).

Angesichts der Leistungsfähigkeit heutiger Windenergieanlagen dürfte die Zahlung durchaus einen nennenswerten Anreiz für Kommunen schaffen, die Ansiedlung von Windenergieanlagen zu fördern. Alternativ hat der Betreiber die Möglichkeit, einen Bürgerstromtarif anzubieten.

9. Negative Preise

Eine deutliche Verschärfung soll der § 51 EEG erfahren. Die Vergütung soll künftig bereits dann entfallen, wenn der Spotmarktpreis für 15 aufeinanderfolgende Minuten negativ ist (bislang sechs aufeinanderfolgende Stunden). Anlagenbetreiber sollen sich nach den Vorstellungen des Entwurfs selbst gegen Negativpreisphasen absichern. Die Regelung soll künftig bereits auf Anlagen mit einer Leistung ab 100 KW angewendet werden. Sonderregelungen für Pilotwindenergieanlagen entfallen. Die Regelung greift in eine der maßgeblichen Säulen ein, auf die der Erfolg des EEG bislang gestützt war, nämlich die Vergütungssicherheit für die Betreiber. Die damit verbundenen Vergütungsrisiken, die so auf die Betreiber entfallen, stehen im Widerspruch zur bisherigen Zielsetzung des Gesetzes, insbesondere die Energiewende auch aus Gründen der Akzeptanz mit einer breiten wirtschaftlichen und unternehmerischen Beteiligung der Bürger zu untermauern. Die Bieter werden die Risiken in ihren Geboten künftig auch einpreisen (müssen). Die Anpassung dürfte deswegen noch für Diskussionsstoff sorgen.

10. Berichte der Länder

Die zentralen Probleme beim Ausbau der Windenergie liegen in der Verfügbarkeit von Flächen. Die damit in Zusammenhang stehenden Fragen liegen außerhalb des Regelungsbereichs des EEG und werden vom Entwurf deswegen nicht erfasst. Allerdings sieht § 99 des Entwurfs zumindest eine Berichtspflicht der Länder an das Bundeswirtschaftsministerium vor. Danach müssen die Länder jährlich über die Verfügbarkeit von Windenergiestandorten insbesondere durch bereits erfolgte und geplante Festsetzungen in der Regional-und Bauleitplanung und den Stand der Genehmigungsverfahren berichten. Im Falle von Hemmnissen bei der Flächenverfügbarkeit sollen die Berichte auch Maßnahmen enthalten, wie weitere Flächen verfügbar gemacht werden können. Dies soll das Wirtschaftsministerium in die Lage versetzen, die Entwicklung des Ausbaus besser abzuschätzen und Gesetzesänderungen in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes vorzubereiten.

11. Ausblick

Es ist zu begrüßen, dass der Entwurf einige der Diskussionspunkte der vergangenen Jahre endlich mit klaren Regelungen adressiert, so z.B. die Beteiligung der Kommunen oder den „Südbonus“. Einige der Vorschläge werden noch zu intensiven Diskussionen führen, z.B. die Ausweitung des § 51 EEG. Mindestens so wichtig, wie das, was im Entwurf enthalten ist, ist aber auch das, wozu der Entwurf schweigt. Hierbei überrascht es zunächst nicht, dass der Entwurf Lösungsvorschläge zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und der weiteren Flächenbereitstellung durch die Bundesländer ausklammert. Die Regelungen müssen in den einzelnen Fachgesetzen eingefügt werden und betreffen zum Teil auch Länderkompetenzen.

Nicht enthalten sind aber Regelungen für Ü-20 Anlagen, die Ende des Jahres aus der Förderung fallen. Hier wäre für viele Betreiber Perspektive für den Weiterbetrieb oder ein erleichtertes Repowering wichtig.

 

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