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Lobbyregistergesetz – Fragen und Antworten: Müssen Verbände demnächst Mitgliedsbeiträge offenlegen?

15. October 2020

Der am 08.09.2020 veröffentlichte Entwurf des Lobbyregistergesetzes wirft zahlreiche Fragen auf, mit denen sich Verbände und Unternehmen frühzeitig auseinander setzen sollten.

In unserer Reihe "Lobbyregistergesetz – Fragen und Antworten" greifen wir diese auf. Wenn Sie unsere kommenden Informationen zum Lobbyregistergesetz erhalten möchten, schreiben Sie gerne an axel.kallmayer[@]kapellmann.de.

Müssen Verbände nach dem aktuellen Entwurf des Lobbyregistergesetzes die Beiträge ihrer Mitglieder offenlegen?

Der Entwurf des Lobbyregistergesetzes (BT-Drs. 19/22179 vom 08.09.2020) sieht in § 2 Abs. 1 Nr. 9 vor, dass in das Register eingetragen wird die:

„Offenlegung von Zuwendungen, Zuschüssen oder Spenden in Stufen von jeweils 10 000 Euro, sofern jeweils ein Betrag von 20 000 Euro überschritten wird“

Ein Verband kann diese Angabe zwar verweigern, die Weigerung wird aber im Register vermerkt und der Verband muss bei jedem Erstkontakt gegenüber Bundestagsmitgliedern auf seine Weigerung hinweisen. Eine Weigerung dürfte damit für viele Verbände nicht in Betracht kommen.

Verbände befürchten, dass die weit formulierte Offenlegungspflicht auch für die Beiträge einzelner Mitglieder gilt, sofern sie die Wertschwelle von 20.000 € überschreiten.

Wie weit reicht die Offenlegungspflicht?

Nach der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes meint § 2 Abs. 1 Nr. 9 LobbyregisterG-E:

„Zuwendungen oder Zuschüsse im Sinne des Haushaltsrechts oder Spenden“

Zuwendungen und Zuschüsse im haushaltsrechtlichen Sinne sind Transfers von der öffentlichen Verwaltung an Dritte:

  • Zuwendungen sind nach der VV-BHO bzw. VV-LHO Leistungen an Stellen außerhalb der Bundes- oder Landesverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke. Dazu gehören zweckgebundene Zuschüsse, Zuweisungen, Schuldendiensthilfen und andere nicht rückzahlbare Leistungen sowie zweckgebundene Darlehen und andere bedingt oder unbedingt rückzahlbare Leistungen. Diese Mittel müssen zuvor im Haushaltsplan veranschlagt worden sein.
  • Zuschüsse sind Finanztransfers vom öffentlichen Bereich an Rechtsträger des privatwirtschaftlichen Sektors (Gröpl, BHO/LHO, 2019, § 23 Rn. 20). Der Begriff wird teilweise synonym mit dem Begriff der Zuwendung verwendet (vgl. VV-BHO Ziff. 1.1 zu § 23).

Spenden sind freiwillige Zuwendungen ohne Gegenleistung. Mitgliedsbeiträge sind für Mitglieder hingegen verpflichtend zu leisten. Für ihre Beiträge erhalten Mitglieder auch eine Gegenleistung, nämlich die sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Rechte und Leistungen des Verbands.

Mitgliedsbeiträge von Verbandsmitgliedern werden damit von der derzeitigen Formulierung des Entwurfs nicht erfasst.

Ein Seitenblick auf das Parteiengesetz, das insoweit eine ähnliche Zielsetzung verfolgt, bestätigt dies. Dort führt § 24 Abs. 4 als Einnahmearten für Parteien staatliche Mittel, Spenden und Mitgliedsbeiträge gesondert auf.

Die Zielrichtung des § 2 Abs. 1 Nr. 9 LobbyregisterG-E ist damit klar:

Es geht darum, dass nicht nur Zuwendungen Privater in Form von Spenden, sondern auch öffentliche Finanzierungen von Interessenvertretern offen gelegt werden müssen. Hintergrund dürfte sein, dass manche Nichtregierungsorganisationen, z.B. im Bereich des Umweltschutzes, erhebliche öffentliche Förderungen erhalten und diese auch im Rahmen der Interessenvertretung nutzen können.

Könnte der Gesetzentwurf dahingehend erweitert werden, dass Verbände Mitgliedsbeiträge offen legen müssen?

Falls der Gesetzgeber in diese Richtung denkt, hätte er das EU-Kartellrecht zu beachten. Art. 101 Abs. 1 AEUV verbietet abgestimmtes Verhalten zwischen Unternehmen, wenn es eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Eine Wettbewerbsbeschränkung wird bereits dann angenommen, wenn Wettbewerber untereinander vertrauliche Daten offenlegen, die Rückschlüsse auf ihr Marktverhalten zulassen.

In vielen Verbänden werden Mitgliedsbeiträge auf der Grundlage der Umsätze berechnet, die ein Mitglied im Tätigkeitsbereich des Verbands erzielt. Müssten Verbände Beiträge ihrer Mitglieder offenlegen, könnten Unternehmen daraus ableiten, welche Umsätze ihre Wettbewerber im Tätigkeitsbereich des Verbands (Markt für bestimmte Produkte in Deutschland) erzielen. Diese Transparenz stünde im Widerspruch zu Art. 101 Abs. 1 AEUV.

Im deutschen Recht wäre ein Gesetzentwurf mit erweiterten Offenlegungspflichten von Verbänden zusätzlich am Maßstab der durch Art. 9 Abs. 1 GG garantierten Vereinigungsfreiheit zu messen.

Gibt es eine Offenlegungspflicht für Mitgliedsbeiträge in Brüssel?

Auf EU-Ebene gibt es bereits seit 2011 ein Transparenzregister. So wie der Entwurf des deutschen Lobbyregistergesetzes vorsieht, haben sich Verbände auch dort in ein Register einzutragen. Dabei wird allerdings nicht verlangt, dass sie Beiträge einzelner Mitglieder offenlegen, weder im Detail, noch nach Größenordnungen.

(PDF-Dowload).



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Kapellmann ist eine der führenden Kanzleien in der Beratung von Verbänden. Neben Spitzenverbänden beraten wir viele Fach- und Branchenverbände in Deutschland und der EU. Schwerpunkte sind:

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