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Bauträger erwarten Steuerrückzahlungen in Milliardenhöhe

19. November 2018

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 27.09.2018 (Az. VR 49/17) entschieden, dass Bauträger, welche auf Basis der früheren unzutreffenden Verwaltungsauffassung als Leistungsempfänger besteuert wurden, ohne Einschränkung Erstattung der rechtswidrig veranlagten Umsatzsteuer verlangen können. Der BFH hat damit der einschränkenden Auslegung der Finanzverwaltung im BMF Schreiben vom 26.07.2017 eine Absage erteilt. Die Entscheidung des BFH stärkt die Rechtsposition von ursprünglich zu Unrecht als Steuerschuldner nach § 13b UStG veranlagten Bauträgern. Für den Fiskus könnte die Entscheidung zu erheblichen Steuerausfällen führen.                                   

1 Sachverhalt

Die Finanzverwaltung vertrat über mehrere Jahre die (rechtlich unzutreffende) Ansicht, dass der Übergang der Steuerschuld bei Bauleistungen nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 S. 2 UStG auch für Bauträger gilt. Auf Basis dieser Verwaltungsansicht stellten Bauunternehmer (Auftragnehmer) ihre Rechnungen ohne Umsatzsteuer an den Bauträger (Auftraggeber) aus. Der Bundesfinanzhof (BFH) erklärte diese Auslegung des § 13b UStG mit Urteil vom 22.08.2013 (Az. V R 37/10) für unzulässig. Bauträger würden schon begrifflich keine Werklieferungen im Sinne des § 13b UStG erbringen, da sie (anders als Generalunternehmer) keine fremden, sondern regelmäßig eigene Grundstücke bebauen. Bei rechtlich zutreffender Auslegung des § 13b UStG hätten die Bauunternehmer daher von Anfang an ihre Rechnungen mit Umsatzsteuer an den Bauträger ausstellen müssen.

Im Anschluss an das o.g. Urteil des BFH sahen sich die Finanzverwaltung und der Gesetzgeber veranlasst, durch Verwaltungserlasse und eine Gesetzesänderung auf diese Rechtsprechung zu reagieren. Die gesetzliche Neuregelung des § 27 Abs. 19 UStG betrifft den Fall, dass ein Bauträger als Auftraggeber von Bauleistungen in der Vergangenheit (zu Unrecht) Umsatzsteuer an das Finanzamt entrichtet hat und nunmehr einen Antrag auf Erstattung der Umsatzsteuer stellt. Nach dem BMF-Schreiben vom 26.07.2017 (dort unter Rn. 15a) sollen ursprünglich zu Unrecht als Leistungsempfänger veranlagte Bauträger nur dann einen Erstattungsanspruch haben, soweit sie die nachträgliche Zahlung der Umsatzsteuer an den leistenden (Bau-) Unternehmer nachweisen oder eine Aufrechnungsmöglichkeit für das Finanzamt besteht. Erfüllen Bauträger diese Voraussetzungen nicht, verstoßen ihre Erstattungsanträge nach Ansicht der Finanzverwaltung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und das unionsrechtliche Neutralitätsgebot. Auf Basis des o.g. BMF Schreibens lehnte die Finanzverwaltung zahlreiche Erstattungsanträge von Bauträgern ab.

Eine solche ablehnende Entscheidung lag auch dem aktuellen BFH Urteil zugrunde. Das beklagte Finanzamt vertrat die Ansicht, dem klagenden Bauträger stünde kein Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer zu, da dieser nicht die im BMF Schreiben genannten Voraussetzungen erfüllt habe. Dieser Ansicht folgte bereits das erstinstanzlich befasste FG München nicht und gab der Klage des Bauträgers auf Erstattung der Umsatzsteuer vollumfänglich statt. Das Finanzamt legte hiergegen Revision beim BFH ein.

2 Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte mit seinem Urteil vom 27.09.2018 das Urteil des FG München. Nach Ansicht des BFH war der Bauträger als Leistungsempfänger ohne Einschränkungen berechtigt, die Erstattung der rechtswidrig veranlagten Umsatzsteuer zu verlangen, sofern verfahrensrechtlich noch eine Korrektur möglich ist. Die Änderung der rechtswidrigen Steuerfestsetzung dürfe weder von dem Nachweis der an den leistenden Unternehmer gezahlten Umsatzsteuer noch von einer für das Finanzamt bestehenden Aufrechnungsmöglichkeit abhängen. Die Ansicht der Finanzverwaltung sei von keiner gesetzlichen Grundlage gedeckt. Die Regelung des § 27 Abs. 19 UStG betreffe lediglich die nachträgliche Änderung der Steuerfestsetzung bei dem leistenden Unternehmer. Dagegen existiere keine vergleichbare Regelung zulasten des rechtswidrig nach § 13b UStG veranlagten leistungsempfangenden Bauträgers.

Der BFH erkennt entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung in dem Antrag auf (gesetzeskonforme) Erstattung der Umsatzsteuer auch keine treuwidrige oder unzulässige Rechtsausübung. So habe der Grundsatz von Treu und Glauben lediglich rechtsbegrenzende Wirkung innerhalb eines bestehenden Schuldverhältnisses. Er bewirke dagegen nicht, dass Steueransprüche oder- schulden überhaupt erst zum Entstehen oder Erlöschen gebracht werden. Vorliegend ergebe sich nach dem Gesetz keine Steuerschuldnerschaft des Bauträgers nach § 13b UStG als Auftraggeber von Bauleistungen. Diesbezüglich sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Finanzverwaltung aufgrund Ihrer früheren unzutreffenden Auslegung des § 13b UStG die rechtswidrige Besteuerung bewirkt habe. Das Verlangen nach Korrektur einer rechtswidrigen Besteuerung könne nicht treuwidrig sein. Ein Antrag auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Mehrwertsteuer widerspreche zudem nicht dem unionsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz, da sich der Erstattungsanspruch auf rechtsgrundlos gezahlte Beträge beziehe.

3 Praxisauswirkungen

Die Entscheidung des BFH ist ein positives Signal für Bauträger, die auf Basis der früheren Verwaltungsauffassung zu Unrecht Umsatzsteuer als Leistungsempfänger an das Finanzamt entrichtet haben. Es wäre rechtsstaatlich bedenklich, wenn einem Steuerpflichtigen die Korrektur einer Steuer verwehrt bliebe, die auf einem rechtswidrigen Verwaltungserlass beruht. Die Entscheidung bestätigt, dass zu Unrecht als Leistungsempfänger veranlagte Bauträger neben den betreffenden Umsatzsteuerbeträgen auch die hierauf angefallenen Zinsen geltend machen können. Sofern jedoch die leistenden Unternehmer zivilrechtlich noch durchsetzbare Ansprüche auf Erstattung der Umsatzsteuer haben, haben Bauträger die Umsatzsteuer an den leistenden Unternehmer nachzuzahlen. Der leistende Unternehmer ist in einem solchen Fall gemäß § 27 Abs. 19 S. 3 UStG berechtigt, die Forderung gegenüber dem Leistungsempfänger an das Finanzamt abzutreten. Doch selbst wenn der Bauträger die Umsatzsteuer an den leistenden Unternehmer nachzuzahlen hat, kann sich ein Antrag auf Erstattung der Umsatzsteuer aufgrund des Zinsanspruchs lohnen. Dies ist noch für solche Veranlagungszeiträume möglich, in denen noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

Bei Rückfragen stehen Ihnen Dr. Matthias Diete und Prof. Dr. Heiko Fuchs gerne zur Verfügung.

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Jennifer Wagener
Jennifer Wagener

Leitung Marketing, Business Development & Kommunikation

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