Anwälte Kompetenzen Veranstaltungen Nachrichten Karriere Infoportal EN

Praxisinfo Arbeitsrecht: Anpassungsbedarf für Ausschlussklauseln

24. September 2018

Jeder gute Arbeitsvertrag enthält Ausschlussklauseln. Sie regeln den Verfall von Ansprüchen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden. Die seit dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (MiLoG) am 1. Januar 2015 heiß umstrittene Frage, ob bei der Gestaltung von Ausschlussklauseln aus deren Anwendungsbereich Ansprüche auf den Mindestlohn ausdrücklich ausgenommen werden müssen und ob ein Verstoß hiergegen zur Unwirksamkeit der gesamten Ausschlussklausel führt, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun erfreulicherweise beantwortet (Urteil vom 18.09.2018 – 9 AZR 162/18). Die Entscheidung hat große praktische Bedeutung. Denn nur selten enthalten die seit dem 1. Januar 2015 abgeschlossenen Arbeitsverträge schon angepasste Ausschlussklauseln. Spätestens jetzt besteht unaufschiebbarer Anpassungsbedarf für Ihre Arbeitsvertragsmuster.

1    Sachverhalt

Der Kläger war bei seinem Arbeitgeber als Fußbodenleger beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 1. September 2015 hatten die Parteien u.a. vereinbart, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind. Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis gekündigt. Im Kündigungsrechtstreit schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 15. August 2016 endete. Der Beklagte verpflichtete sich, das Arbeitsverhältnis bis zum 15. September 2016 ordnungsgemäß abzurechnen. Die dem Kläger am 6. Oktober 2016 zugegangene Abrechnung für August 2016 enthielt keine Urlaubsabgeltung. Die Beklagte berief sich darauf, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung verfallen sei, weil der Kläger ihn nicht rechtzeitig innerhalb der vereinbarten Ausschlussfrist geltend gemacht habe.

2    Entscheidung des BAG

Das BAG sieht das anders und gab dem Kläger Recht. Ihm stehe ein Anspruch auf die Abgeltung von 19 Urlaubstagen in Höhe von 1.687,20 € brutto zu. Er habe den Anspruch nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist geltend machen müssen. Die betreffende Ausschlussklausel nehme den ab dem 1. Januar 2015 zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn nicht aus und sei insofern nicht klar und verständlich. Eine vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallklausel, die ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den ab dem 1. Januar 2015 von § 1 MiLoG garantierten Mindestlohn erfasst, ist – jedenfalls dann – insgesamt unwirksam, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 geschlossen wurde, so das BAG. Die Klausel könne auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden.

3   Praxishinweis

Ausschlussfristen müssen spätestens jetzt unmissverständlich klarstellen, dass sie Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht umfassen. Sämtliche Arbeitsvertragsmuster müssen umgehend angepasst werden. Ansonsten sind die Klauseln insgesamt unwirksam und können Ansprüchen des Arbeitnehmers nicht entgegengehalten werden. Es ist außerdem empfehlenswert, von den Ausschlussklauseln auch sonstige, nicht abdingbare oder unverzichtbare Ansprüche ausdrücklich auszunehmen.

Für Rückfragen steht Ihnen unser Arbeitsrechtsteam gerne zur Verfügung.

Zurück

Ansprechpartnerin für Medienanfragen

Jennifer Wagener
Jennifer Wagener

Leitung Marketing, Business Development & Kommunikation

Anwälte Kompetenzen Veranstaltungen Nachrichten Standorte Karriere Infoportal Online Services Publikationen Über Kapellmann