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Ersatzbaustoffverordnung tritt am 01.08.2023 in Kraft!

25. Juli 2023

Am 01.08.2023 tritt die neue Ersatzbaustoffverordnung in Kraft. Die „Verordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung“ („Mantelverordnung“) wurde nach langen Beratungen – der Erstentwurf der EBV datiert vom 03.05.2017 (BT-Drucks. 18/12213) - bereits am 09.07.2021 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I Nr. 43, 2598) veröffentlicht. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens wurde auf den 01.08.2023 festgelegt. Relevant ist die Einführung der Ersatzbaustoffverordnung für große Teile der Bauwirtschaft, insbesondere solche Unternehmen die Ersatzbaustoffe herstellen oder verwenden.

1. Ziele der Verordnung

Ziel der Verordnung ist es ausweislich der Verordnungsbegründung (BR-Drs. 494/21) im Wesentlichen, die nach § 6 KrWG bestmögliche Verwertung von mineralischen Abfällen zu gewährleisten und die Anforderungen gemäß § 1 BBodSchG näher zu bestimmen und dem gegenwärtigen Erkenntnisstand anzupassen.

Hintergrund ist, dass die bisherigen Bestimmungen zum Umgang mit Ersatzbaustoffen, insbesondere die Technische Regeln für die Verwertung von Bodenmaterial („TR Boden“) und die LAGA Mitteilung 20 in der Praxis zwar regelmäßig herangezogen wurden, jedoch weder einheitliche noch rechtsverbindliche Geltung beanspruchen konnten. Hier möchte der Verordnungsgeber Abhilfe schaffen.

2. Auswirkungen auf die (Bau)Praxis

Die LAGA Mitteilung 20 sowie die TR Boden geben im Wesentlichen Vorgaben zur Verwertung von mineralischen Abfällen. Die insoweit erfassten mineralischen Abfälle werden von der LAGA Mitteilung 20 in verschiedene „Einbauklassen“ unterteilt, deren Einteilung anhand der Zuordnungskategorien Z0, Z1 sowie Z2 vorgenommen wird.

Nach den Vorgaben der EBV erfolgt die Klassifizierung nunmehr in den neuen Kategorien BM0, BM0*, BM F1, BM F2 und BM F3. Die Z-Kategorisierungen der LAGA M20 verlieren insofern mit Inkrafttreten der EBV ihren Anwendungsbereich.

Zu den von der EBV erfassten Materialien können nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 a) EBV insbesondere Abfälle gehören, die bei Abriss-, Umbau-, Ausbau-, Neubau- und Erhaltungsmaßnahmen anfallen, aber auch Bodenmaterial, das nach dem Aushub nicht mit anderen Ersatzbaustoffen als Bodenmaterial vermischt worden ist (§ 2 Nr. 33 EBV).  

Die (Neu)Klassifizierung der Materialien eröffnet die nach der EBV vorgesehenen Einsatzmöglichkeiten von Ersatzbaustoffen, wobei die EBV selbst in ihren Anlagen Einsatzmöglichkeiten vorgibt und den entsprechenden Materialklassen zuordnet.

Neben den neuen Materialklassen stellt die die EBV strengere Anforderungen an die Materialanalysen. Nach § 8 EBV hat sich die Probenahme nach der LAGA PN 98 sowie der DIN 19698 zu richten. Geregelt wird zudem die Herstellung des Eluats – entweder durch einen ausführlichen Säulenversuch oder den Säulenkurztest nach der DIN 19528 oder durch den Schüttelversuch nach der DIN 19529 (§ 9 Abs. 1 EBV). Die entsprechenden Materialwerte sind ausweislich § 10 EBV sodann mit den Materialwerten der Anlage 1 der EBV zu bewerten, woraus sich wiederum die jeweilige Materialklasse ergibt.

3. Auswirkungen auf das Vergaberecht

Auch aus vergaberechtlicher Sicht ergeben sich mit Einführung der Ersatzbaustoffverordnung weitergehende Fragestellungen. Diese betreffen die Folgen der neuen Regelungen für bereits bestehende Verträge, insbesondere hinsichtlich der vereinbarten Preise und der Entstehung etwaiger Mehrkosten durch die Anpassung der Entsorgung gemäß den neuen Vorschriften sowie laufende und zukünftige Vergabeverfahren. Öffentliche Auftraggeber sind gehalten, die neuen Anforderungen der Ersatzbaustoffverordnung bei Erstellung der Vergabeunterlagen zu berücksichtigen. Gleiches gilt für die Betriebsabläufe und Auftragsdurchführung durch die Auftragnehmer.

4. Nachtragspotential

Das Nachtragspotential der Einführung der EBV in Bezug auf laufende Vertragsverhältnisse hängt von der spezifischen Vertragsgestaltung ab. Relevant dürfte hierbei insbesondere sein, dass die Ersatzbaustoffverordnung bereits 2021, d.h. zwei Jahre vor ihrem Inkrafttreten, veröffentlicht wurde. Dies sollte mit Blick auf die jeweiligen individuellen Vertragsspezifika stets einzelfallbezogen geprüft werden.

5. Geltungszeitpunkt

In § 27 EBV finden sich diverse Übergangstatbestände. So können Betreiber von Aufbereitungsanlagen, die am 01.08.2023 bereits in Betrieb sind, diese bis zum 01.12.2023 weiterbetrieben. Zudem bleibt der Einbau von Bodenmaterial nach § 27 Abs. 3 EBV nach bisher geltendem Recht möglich, soweit der Einbau aufgrund einer Zulassung erfolgt, die vor dem 16.07.2021 erteilt wurde. Wurden – im Rahmen eines UVP-pflichtigen Vorhabens – die Unterlagen zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit bereits vor dem 16.07.2023 vorgelegt, findet die EBV ebenfalls keine Anwendung.

Für die Ersatzbaustoffverordnung gilt insofern, dass die Umsetzung der entsprechenden Regelungen noch in diesem Jahr zu erfolgen hat.

Etwas anderes gilt für die Regelungen der – ebenfalls im Rahmen der Mantelverordnung geänderten – BBodSchV. Hier ist die Übergangsfrist und die Anforderungen an die Probenahme ab dem 01.08.2028 einzuhalten (§ 28 Abs. 2 BBodSchV).

Im Hinblick auf erteilte Genehmigungen stellt sich im Einzelfall die Frage die Frage, ob bisher geltendes Recht – d.h. die Vorschriften, die bis zum Inkrafttreten der EBV angewandt wurden – Gegenstand einer erteilten Genehmigung geworden sind. Vor dem Hintergrund etwaiger Risiken, die sich aus behördlichen Entscheidungen über Rücknahme und Widerruf von Genehmigungen ergeben können (§§ 48, 49 VwVfG), sollte dies im Einzelfall geprüft und bewertet werden.

Als Ansprechpartner für Fragen rund um die Neueinführung der Ersatzbaustoffverordnung und die sich hieraus ergebenden zivil-, öffentlich-rechtlichen und vergaberechtlichen Fragestellungen stehen Ihnen die Autoren sowie die Mitglieder unserer Praxisgruppen Öffentliches RechtVergaberecht und Bau- und Architektenrecht zur Verfügung.

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